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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_09_18_Presse_OCR
- S.39
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Bezirksblätter Innsbruck
„Ein seelenschwerer Saisonauftakt‘“, Seite 44
FREI IM THEATER
Christine Frei
redaktion.innsbruck@meinbezirk.at
meinbezirk.at/innsbruck
Ein seelenschwerer
Saisonauftakt
Theaterliteratur ist eine einzige
Ansammlung von Konflikten,
Missverständnissen, Verletzungen und deren zuweilen fatalen
Folgen. Daher ist es wohl reichlich naiv zu glauben, dass die sich
im realen Leben nicht entfachen
könnten. Insofern war das seelenschwere Eröffnungswochenende
am TLT eine fast schon stimmige Paraphrase dessen, was sich
derzeit lokal wie global so alles
abspielt. Und wenn man den
AkteurInnen in ‚Verlangen“, der
noch weit dramatischeren Überschreibung von Eugene O‘ Neills
„Gier unter Ulmen“ durch den
Shootingstar des neuen Volkstheaters Lisa Wentz im Großen
Haus zusieht, wie sie erbittert
und verschlagen um den kargsten
Boden kämpfen und sich parallel
dazu die aktuellen Bilder herholt,
in denen eine entfesselte Natur
Besitz und Boden einfach so mit
sich reißt, dann kommt einem
das alles noch viel absurder vor.
Herausragendes zeitgenössisches
Musiktheater bot einen Tag davor
in den Kammerspielen die Uraufführung der Oper „Liebesgesang“
von Georg Friedrich Haas mit dem
kunstvoll wie psychisch vertrackten Libretto von Händl Klaus:
Wie Benjamin Chamandy und
Mimi Doulton als Christian und
Luz siebzig dichte Minuten lange
ohne Orchester und Dirigent ihre
vormals große Liebe ausklingen
lassen, das ist derart ergreifend
und herzzerreißend, dass einem
hinterher ebenfalls die Worte versagen. Denn gerade das Scheitern
an der eigenen Verfasstheit wie
an den oftmals ungünstigen Umständen sind halt ebenfalls integraler Bestandteil unseres Menschseins. Daher gehören Stücke wie
diese natürlich und unbedingt auf
die Bühne, selbst wenn sie es uns
nicht so ganz leicht machen.
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