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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_05_8_Presse_OCR
- S.7
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Tiroler Tageszeitung
„Von Flucht und Verfolgung“, Seite 24
Innsbruck - Unter dem Motto „Desertion und Befreiung“
rollt das Gemeindemuseum
Absam am morgigen Donnerstag, 9. Mai, ein noch immer kaum bekanntes Kapitel
der regionalen Zeitgeschichte
auf: Eine Fahrradexkursion
führt zur einstigen Hinrichtungsstätte der Wehrmacht
in einem aufgelassenen Steinbruch am Paschberg im Süden
Innsbrucks — und damit auf
die Spuren von Wehrmachtsdeserteuren aus Innsbruck.
„Im Vergleich mit Deserteuren in den Tiroler Tälern
war es in der Stadt noch viel
schwieriger, länger von der
Mithilfe mutiger Frauen wie seiner Verlobt
Bildfläche zu verschwinden“,
erklärt Museumsleiter Matthias Breit. „Solidarität und
politisches Vorleben, z.B. die
gemeinsame Erfahrung von
HNegalität und Verfolgung, waren ungeheuer wichtig“ — vor
allem aber Unterstützernetzwerke, die stark von Frauen
geprägt waren.
Exemplarisch lässt sich das
an Ernst Federspiel (1924-
1945) festmachen: Aus einem
jenischen, kommunistischen
Haushalt in Innsbruck stammend, konnte sich der junge
Deserteur fast zwei Jahre lang
verstecken — mithilfe vieler
Frauen, darunter seine Mutter
en Herta Flatscher konnte sich Emst Federspiel lange verstecken, ehe er
(die als KPÖ-Mitglied selbst
vielfacher Verfolgung ausgesetzt war), seine Freundin,
Schwestern und Bekannte.
Am Paschberg erschossen
Federspiels Flucht endete erst
im März 1945, nachdem die
Kriminalpolizei bei einer Razzia gegen Deserteure 29 Personen festgenommen hatte.
Unter den 23 Zivilistinnen waren 15 Frauen, die Federspiel
und sechs weitere Deserteure
unterstützt hatten.
Diese Pradler Deserteursgruppe - die spektakuläre Aktionen „in Partisanenmanier“
durchführte — wird bei der Ex-
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kursion ebenfalls Thema sein.
Laut Historiker Peter Pirker, der in einem großen Forschungsprojekt die Geschichte der Wehrmachtsdeserteure
in Tirol und Vorarlberg aufgearbeitet hat, desertierten
insgesamt mindestens 140
Innsbrucker Soldaten aus der
Wehrmacht - rund 40 Prozent
gelang die Flucht, 51 Prozent
wurden nachweislich festgenommen bzw. verurteilt. 20
Innsbrucker Deserteure starben durch Hinrichtungen, in
Haft oder auf der Flucht.
Einer von ihnen war Ernst
Federspiel: Am 14. März 1945
wurde der damals 21-Jährige
K
verhaftet und hier am Paschberg hingeric|
fiv
htet wurde. Fotos: Sammiung Cheistina Müller, Breit
Von Flucht und Verfolgung
Eine Fahrradexkursion beleuchtet morgen die wenig bekannte Geschichte einer Gruppe
von Innsbrucker Wehrmachtsdeserteuren und der Hinrichtungsstätte am Paschberg.
doch noch verhaftet, einen
Monat später vom Gericht der
Division 418 zum Tode verurteilt und am 21. April 1945 von
einem Exekutionskommando
der Wehrmacht am Paschberg
erschossen. Der Ort der Hinrichtung liegt in einem heute
zu Fuß schwer zugänglichen
Waldstück südlich der Igler
Straße, unweit des Kreisverkehrs Innsbruck-Mitte
Treffpunkt für die Radexkursion dorthin ist am 9. Mai um
12 Uhr beim Museum Absam
bzw. um 13 Uhr am Tummelplatz bei Amras. Anmeldung
erforderlich: 0676/840532700,
mats.breit@mac.com (md)