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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_05_27_Presse_OCR
- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„‚Bauchweh‘ wegen Kunstprojekt“, Leserbrief, Seite 6
27.5.2024
„Bauchweh“ wegen Kunstprojekt
Thema: Kopf des Tages „Künstlerisch radikal“, 15.5.
eiligt der künstlerische
Zweck alle Mittel? Während eine linkslinke Elite „Aneignung“ schreit und mit einem absurden Feldzug die
Gesellschaft spaltet, nimmt
eine mit Ehrungen überhäufte
Künstlerin für ein Projekt die
Identität eines NS-Opfers an.
Sie wird für ein Jahr zu Marie
Blum, die im September 1943
im KZ Auschwitz-Birkenau an
ihrem dritten Lebenstag ermordet wurde. Mailadresse,
Ausweise, Dokumente lässt
Esther Strauß umschreiben
auf „Marie Blum“. Dieser Name findet sich sogar in der
Rubrik „Name der Mutter“
auf der Geburtsurkunde ihrer
Tochter. Bin ich die Einzige,
die hier Bauchweh bekommt?
Auch wenn Marie nur drei Ta-
ge alt werden durfte — sie war
ein fertiges Menschlein, einzigartig und unverwechselbar
— wie wir alle. Hat sie keine
Persönlichkeitsrechte? Darf
man sie, wenn auch für einen
begrenzten Zeitraum, ihres
Namens, ihrer Identität berauben, nur weil niemand mehr
da ist, der (die) Einspruch erheben könnte? Verdient Marie
Blum gerade aufgrund ihres
so tragischen Schicksals nicht
unseren besonderen Schutz?
Ihre Würde bleibt über den
Tod hinaus unantastbar, weshalb ich eine derartige Form
der „Identitätserweiterung“
zur künstlerischen Selbstverwirklichung als übergriffig und
problematisch erachte. Marie
konnte nicht gefragt werden,
ob sie ihre Zustimmung gibt.
Christiane Unterwurzacher
6063 Rum
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