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Kurier

„Fischen im Teich der Nichtwähler“, Seite 15

Fischen im Teich der Nichtwähler

Innsbruck-Wahl. Vor sechs Jahren blieb fast die Hälfte der Wahlberechtigten lieber daheim.
Ihre Zahl ist seither geschrumpft. Umso größer ist der Wert jeder mobilisierten Stimme dieses Mal

VON CHRISTIAN WILLIM

Die Differenzen zwischen den
am 14. April bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Innsbruck antretenden Listen sind klarerweise
groß. Aber einen großen gemeinsamen Nenner gibt es.
Praktisch alle haben sich zum
Ziel gesetzt, Nichtwähler anzusprechen und zur Stimmabgabe zu motivieren. Egal ob
das etwa die linke KPO, die
SPO, der OVP-Abtrünnige Johannes Anzengruber mit seiner neuen Liste „JA — Jetzt
Innsbruck“ oder die FPO ist.

Negativer Rekordwert

Im Teich der Nichtwähler zu fischen, lohnt gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist
das Reservoir an potenziell zu
gewinnenden Stimmen groß.
Bei den Gemeinderatswahlen
im Jahr 2018 lag die Beteiligung nur bei 50,4 Prozent —
ein Rekordtief. Das heißt, fast
die Hälfte der damals 104.245
Wahlberechtigten blieb den
Urnen lieber fern.

Bei der zwei Wochen später stattgefundenen Bürgermeister-Stichwahl zwischen
dem letztlich siegreichen Herausforderer Georg Willi
(Grüne) und der damaligen
Amtsinhaberin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck,
nun „Das neue Innsbruck“)
sank die Wahlbeteiligung sogar auf 44,5 Prozent.

Nichtwähler zu mobilisieren, lohnt sich aber auch mit
Hinblick auf ein in den vergangenen Jahren geschrumpftes

Wahlvolk. Das besteht dieses
Mal nur aus 100.564 Personen
— etwa jeder fünfte ist nicht-österreichischer EU-Bürger. „Das
Minus bei den Wahlberechtigten geht auf den Rückgang bei
den Öösterreichischen Staatsbürgern zurück, welcher
durch den Zuzug von Unionsbürgern nicht kompensiert
werden konnte“, wird auf Anfrage von der Stadt erklärt.
Der Trend, der dahinter

steht: Das Minus bei den österreichischen Wahlberechtigten korrespondiere mit

dem stark ausgeprägten
Rückgang der einheimischen
Bevölkerung in Innsbruck,
zurückzuführen in erster Linie auf Wanderungsverluste
an das Umland, heißt es.
Weniger potenzielle Wähler heißt aber auch: Im Ringen um die 40 zu vergebenden Mandate ist der Wert je-

der einzelnen eroberten Stimme noch größer als vor sechs
Jahren. Und das gilt umso
mehr, weil die Gemeinderatswahl in drei Wochen mit
einer Premiere aufwartet.

Neue Hürde

Die Listen, die ins Stadtparlament einziehen wollen, müssen nämlich erstmals mindestens vier Prozent erreichen.
Diese neu geschaffene Hürde

WMLLIM CHRIS TIAN

ist, abseits von der Bundeshauptstadt Wien, ein Unikum
auf kommunaler Ebene.

So sehr die Spitzenkandidaten der verschiedenen Listen sich auch bemühen wollen,
Menschen davon zu überzeugen, dass sie ihr Kreuzerl machen sollen: Es ist zu befürchten, dass die vergangenen
sechs von Streit und Chaos im
Gemeinderat geprägten Jahre
den Frust bei den Wählern der-

Fakten

Wahlbeteiligung

Bei den Gemeinderats- und
Bürgermeisterwahlen 2018 war
die Beteiligung so niedrig wie nie
zuvor. Nur 50,4 Prozent der
Wahlberechtigten machten ihre
Kreuzerl am Stimmzettel. Bei der
Stichwahl um das Amt des Stadtchefs waren es dann sogar noch
weniger: 44,5 Prozent

Wahlberechtigte

Waren vor sechs Jahren 104.245
Personen stimmberechtigt, sind
es bei der Wahl am 14. April und
bei der Bürgermeister-Stichwahl
am 28. April nur noch 100.564
Stadtbürger. Die Wahllokale
schließen bereits um 16 Uhr

art erhöht haben, dass sie sich
noch stärker abwenden. Möglich ist freilich auch, dass die
gelebte Polarisierung überspringt und erst recht zur Gemeinderatswahl 3

Die Aussichten dafür sind
aber nicht die besten. Bei
einer von den Grünen beauftragten Wahlumfrage haben
sich nicht nur Tendenzen gezeigt, wer mit Verlusten oder
Gewinnen rechnen kann. Auf
KURIER-Anfrage heißt es
auch, dass 36 Prozent der Befragten schon angegeben haben, fix nicht wählen gehen
zu wollen. Wer sich anders
entscheidet, sollte eines im
Blick haben: Heuer schließen
die Wahllokale in Innsbruck
bereits um 16 Uhr, eine Stunde früher als gewohnt.

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