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Jahr: 2024
/ Ausgabe: 2024_04_17_Presse_OCR
- S.30
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Der Standard
„Der Innsbrucker Politbazar ist eröffnet“ (Nachtrag16. April), Seite 8
Der Innsbrucker Politbazar ist eröffnet
Die Bürgermeisterkandidaten Anzengruber und Willi brauchen vor der Stichwahl Wahlempfehlungen der anderen Parteien
Walter Müller
Mordsgaudi”“, entfährt es Jo-
hannes Anzengruber, als er
Sonntagabend vom Ergebnis hört,
dass er es in die Stichwahl geschafft
hat. Die Tiroler Tageszeitung hatte
Anzengrubers fröhliche Spontanreaktionen auf den Überraschungserfolg bei der Innsbrucker Bürgermeisterwahl notiert, der den Ex-
ÖVP-Politiker nun in 14 Tagen, am
28. April, in die Stichwahl gegen den
amtierenden Bürgermeister der
Grünen, Georg Willi, bringt.
Beide liegen mit ihren Ergebnissen eng beisammen, wer die Nase
vorn haben wird, wagt momentan
niemand in Innsbruck zu prognostizieren. Doch wovon hängt es ab,
Unglaublich. Ich habe eine
wer als Erster durchs Ziel geht? „In
erster Linie von der Mobilisierung
der Mitläufer“, sagt Marcelo Jenny
vom Institut für Politikwissenschaft
an der Universität Innsbruck. Das
werde die Kernfrage sein. „Wie kann
ich jene Wählerinnen und Wähler
überhaupt motivieren, nochmals
wählen zu gehen? Viele werden sich
fragen, was soll ich da noch, wenn
meine Kandidatin, mein Kandidat
schon draußen ist, Willi und Anzengruber müssen jetzt einen Weg finden, diese Gruppen zu motivieren“,
sagt Jenny.
Viel werde von etwaigen Koalitionssignalen abhängen, die Anzengruber und Willi in den nächsten Tagen aussenden werden. Der Schlüssel für die kommende Stichwahl
sind nach Ansicht von Jennys Kol-
legen, des Innsbrucker Politologen
Ferdinand Karlhofer, die Wahlempfehlungen der anderen Parteien.
Von diesen werde es abhängen, wer
letztlich als Erster durchs Ziel geht.
Karlhofer rechnet damit, dass es in
den nächsten Tagen zu harten Verhandlungsrunden kommen wird und die unterlegenen Parteien ihre Bedingungen für eine Wahlempfehlung für Willi oder Anzengruber auf den Tisch legen werden.
Zumindest der bei den
Wahlen schwer gestrauchelte Ex-ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky hat
am Montag bereits eine
Wahlempfehlung für Anzengruber abgeben, dabei
meister werden.
Foeo: Johann Groder
aber geschworen, dass es mit Anzengruber „keinen Deal“ oder Abkommen über eine künftige koalitionäre Zusammenarbeit gegeben
habe. Auch eine Wiedervereinigung
Anzengrubers Liste „Ja Jetzt Innsbruck“ mit der auf zehn Prozent abgestürzten ÖVP sei kein
Thema.
Spielraum
Zumindest Tursky hat
Anzengruber jetzt also im
Boot. Aber das wird nicht
reichen. Anzengruber und
Willi müssen jetzt versuchen, Wählerinnen und
Wähler der anderen Parteien in ihr Lager zu locken.
Dabei würden vor allem die
Verteilung der Macht im
Gemeinderat, die Sitze im Stadtsenat, der Stadtregierung, eine Rolle
spielen, sagt Politologe Karlhofer.
Das Statut der Stadt, in der nach
wie vor eine Proporzregelung im
Stadtsenat vorherrscht, lasse auch
zu, dass die Stadtratsposten - von
derzeit sieben - auf neun erweitert
werden könnten. Und das ergebe
viel Spielraum bei den Verhandlungen mit der SPÖ, ÖVP und auch FPÖ.
Es geht nicht nur um mögliche zusätzliche Stadtratsposten, sondern
auch um eine neue Verteilung der
Ressorts, Also heißt die Rechnung:
eine Wahlempfehlung im Tausch
für mehr Macht in der künftigen
Stadtregierung. Da werden sich beide Kandidaten noch sehr bewegen
müssen, sagt Karlhofer.
Kopf des Tages Seite 24
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