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Kronenzeitung

Kronen
Zeitung

„Jeder gegen jeden“, Seite 4/5
13.4.2024

Innsbruck ist anders. Politischen Streit

_ gibt es überall und im Wahlkampf ganz
besonders. Doch dass sich fast jede Partei

irgendwann gespalten oder sich jemand
abgespalten hat, das ist eine Einmaligkeit.

Sogar für die berüchtigte Streitlust von

Tiroler Sturschädeln. Dementsprechend

chaotisch ist der Wahlkampf.

Was genau macht die

Innsbrucker Wahl so
speziell? Nichttiroler schütteln beim Anblick des
Stimmzettels verwundert
den Kopf. Da gibt es unter
den 13 Parteilisten cin necues
Innsbruck, das gerechte
Innsbruck und das jetzige
Innsbruck. Für Innsbruck
kandidiert nicht mehr. Dafür haben wir Unabhängige
und transparent Unabhängige. Und so weiter und so
fort.

Steht irgendwo in

einem anderen Bundesland sprachlich ein solches
Wirrwarr zur Wahl? Nein.
Die Geschichte des Streits in
den Innsbrucker Parteien ist
jahrzchntealt und derartig
kompliziert, dass man die
Politiker fast wie im Kindergarten in Zweicerreihen
antreten lassen und durchzählen müsste. Um den
Überblick zu behalten, wer
gerade bei wem und gegen
wen ist.

Warum nur, warum?

Zur Erinnerung: Die
Wurzel aller Spaltungen war
1994 „Für Innsbruck“ als
ecinc Abspaltung von der
örtlichen OVP. Herwig van
Staa wurde so Nachfolger
Romuald Nieschers als Bürgermeister. Doch die Zeiten
absoluter Mehrheiten van

Staas - gemeinsam mit dem
cbenfalls extra kandidierenden Tiroler Seniorenbund —
sind ewig vorbei. Dumm gelaufen, dass die Annäherung
der OVP mit den „Für Innsbruckern” — inklusive Einigung auf Florian Tursky als

ürgermeisterkandidat — in
der Trennung vom chemaligen Vizebürgermeister Johannes Anzengruber und
dessen „Jetzt Innsbruck“-
Liste endete.

Wieso kuriose
9 Match VP gegen
VP als Inzestschlacht der
Bürgerlichen nicht längst im
totalen Desaster endete?
Wej] der Listenführer der
FPO., Rudi Federspiel, zwischendurch cine eigene Liste
dete und auch für die
OVP im Landtag saß. Weil
zugleich bei den Blauen mit
Markus Lassenberger wieder wer anderer Bürgermeister we will. Weil
bei der S mit Helmut
Buchacher ein chemaliger
Klubobmann im Gemeinderat austrat und eine Gegenliste gründete. Weil Bürgermeister Georg Willi mit vielen seiner Grünen über
Kreuz ist.

Was bedeutet das für
die Gemeinderatswahl,
dass das Wettbewerbskriterium nur zu sein scheint, wer

PROF, PETER FILZMAIER
Filzmaier
analysiert

Peter Filamater ist Professor
für Politikwissenschaft an der
Universität für Weiterbildung Krems
und der Karl-$ranzers-Universität Graz.

am wenigsten zerstritten ist?
Die mit der Wahlrechtsreform 2023 eingeführte Mindesthürde von vier Prozent
wird dafür sorgen, dass cs
weniger Parteien in der
Volksvertretung gibt. Doch
wird der Wahlsieger nicht
mehr als allerhöchstens cin
Drittel der Stimmen und
Mandate bekommen. Eher
nur ein Viertel. Das führt
dazu, dass sich spielend Ne-
Fxlivmchrhcitcn gegen alles
ınden lassen. Eine Positivmcehrheit für politische

Seite 7 von 10

Maßnahmen wird bei jedem
Gemeinderatsbeschluss zur
Schwerstarbeit.

Und wer wird Bürger-

meister? Bei ebenfalls
13 Kandidaten ist klar, dass
es eine Stichwahl gibt. Nach
der Papierform rittern in alphabetischer Reihenfolge
Anzengruber, Lassenberger,
Tursky und Willi um zwei
Stichwahlplätze. Prognosen
sind freilich Schall und
Rauch. Medienumfragen
hatten teilweise schr kleine
Stichproben oder wurden
nur im Internet durchgeführt. Oft wurden auch parteiinterne Umfragezahlen
den Medien zugespielt. Auf
all das sollte man sich nicht
verlassen.

Hat Georg Willi ange-

sichts von so viel Konkurrenz cinc Chance, Bürgermeister zu bleiben? Jein.
Was mehr ist, als man vor
cinem Jahr geglaubt hätte.
Vermutlich wünschen sich
Willi

ausgerechnet und