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Jahr: 2024

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- S.20

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Westwind

„Der Biber“, Seite 1
16.3.2024

Sertenwind

Der Biber

Da überquert ein Freund
von mir das Brückerl über
den Lohbach, weil er dort
oben in der Peerhofsiedlung wohnt, und wird traurig: Zwei Bäume wurden
umgesägt, und wenn man
deren Stümpfe betrachtet,
dann waren sie gesund,
Trauer muss geteilt werden, aber wozu hat man
denn Facebook-Freunde.
Also ab ins Gesichtsbuch!
Doch dort lauern nicht nur
Wohlgesinnte, die mit einem den Schmerz teilen, so
wie ich zum Beispiel, dem
kaum etwas mehr Trauer
und Wut einflößen kann als
wenn Bäume so einfach gefällt werden. Im Facebook
meldet sich auch ein alter
Schulkollege meines Freundes zu Wort und maßregelt
ihn: „Statt voreilige Schlüsse zu ziehen, würde ich dir
empfehlen, dass du deine
Zeit und Energie dazu verwendest, an der zuständigen Stelle den wahren
Grund dafür zu recherchieren!

Amt für Land- und Forstwirtschaft Triendlgasse 13
Tel.: +43 512 5360 7181.
Mehr objektive Sachlichkeit statt kollektiver Empörung wäre angebracht!

Oder glaubst du wirklich,

dass das Forstamt grundlos gesunde Bäume fällt?“
OK, jetzt lese ich das auch
als Aufforderung an mich
selbst. Ich muss mich an
der zuständigen Stelle informieren, denn man soll ja
ımmer alle Seiten hören.
Eine nette Dame meldet
sich auf meinen Anruf hin.
Ich konfrontiere sie mit
dem Faktum der zwei am
Lohbach umgeschnittenen
Bäume. „Wo soll das sein?“
- „Am Lohbach, am unteren
Ende der Peerhofsiedlung.“
- „Da weiß ich nichts. Dort
haben wir keine Bäume
umgeschnitten. Wir sind
nämlich nur für den Wald
zuständig. Und dort ist
kein Wald. Ich weiß genau,
wo unsere Arbeiter sind,
und zwar sicher nicht am
Lohbach. Da müssen Sie
eher beim Amt für Grünanlagen anrufen, bei Herrn
Engele. Warten Sie, ich gebe Ihnen die Nummer ...“
Da es sich dabei um eine
Handynummer handelt,
möchte ich sie hier nicht
abdrucken. Herr Engele
hebt zwar zunächst nicht
ab, ruft jedoch sehr bald
zurück. Ja, er sei für solche
Fälle verantwortlich und
habe den Umschnitt der
beiden Bäume angeordnet.
Unter dem westlichen
Baum habe der Biber (ein
bereits guter Bekannter des
Lohbachs) eine Höhle ge-

baut, sodass der Baum umzustürzen drohte, während
der östliche Baum schon
halb abgestorben gewesen
sei. Es wurden jedoch
schon wieder zwei neue
Bäume gepflanzt.“

Das mit dem halb abgestorbenen Baum kann man
zwar als Laie bei der Betrachtung der Schnittflächen nicht erkennen, doch
vertraue ich den Fachleuten. Eines fehlt hier aber
noch. Man soll ja wie gesagt alle Seiten hören.

Also: „Herr Biber, wie kommen Sie dazu, eine Höhle
unter einem Baum zu bauen, noch dazu ohne Bauge-

nehmigung?“
„Nun, wir von der Gattung
des KEurasischen Bibers

(Castor Fiber) lebten früher
in Europa überall dort, wo
es langsam fließende Gewässer wie diesen Lohbach
hier gab. Leider wurden
wir - wie viele andere Tiere
auch - vom Menschen verfolgt und dezimiert. Es
wurden manchmal aber
auch die für uns wichtigen
Gewässer durch Müll verunreinigt oder im Zuge von
Bauarbeiten einfach zugeschüttet. Als nur mehr wenige von uns Bibern übrig
waren, kamen uns wohlgesinnte Menschen auf die
Idee, die langsam fließenden Bäche wie diesen Lohbach hier wieder zu

installieren. Herr Kurt
Mair von der Wasserwacht
war damals zuständig und
hat viel und uneigennützig
an diesem Bach gearbeitet.
Zudem wurden manche
meiner Vorfahren aus den
Zoos wieder in die Unabhängigkeit entlassen. Viele
sind wir noch nicht, aber
wir versuchen, durch unsere Arbeit uns selbst, aber
auch vielen anderen Tieren
und sogar Pflanzen einen
geeigneten Lebensraum zu
schaffen. Ich muss allerdings zugeben, die Höhle
unter dem Baum war eher
für mich selbst gedacht.“ -
„Und die fehlende Baugenehmigung?“

„Auch hier muss ich zugeben, da war ich offensichtlich in der Umsetzung
meiner Pläne etwas zu
schnell. Aber Sie müssen
verstehen, _Herr Licha,
nicht alle Amter arbeiten
so schnell wie jenes für
Grünanlagen. Wir Biber
haben eine viel geringere
Lebenserwartung als ihr
Menschen. Wir werden
höchstens 20 .‚Jahre alt,
und bis man eine Baugenehmigung erhält ...“

Ja, nun sind alle Seiten gehört.

Otto Licha

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