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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_10_17_Presse_OCR
- S.9
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Tiroler Tageszeitung
„Schlagabtausch um Tiwag-Strompreis“, Seite 18
Schlagabtausch um
Tiwag-Strompreis
Tiwag-Zeuge: Eigenstrom wird an der Börse mehrfach
ver- und zurückgekauft. Auch dem eigenen Vertrieb wird
der Börsenpreis verrechnet. AK ortet Spekulation.
Innsbruck — Die Tiwag-Strompreise lassen seit dem Vorjahr
die Wogen hochgehen. Im
Frühjahr hat die AK Tirol gegen die Preiserhöhung der Tiwag im Sommer 2022 geklagt.
Vorwurf: Obwohl die Tiwag
mit 100% Strom aus Tiroler Wasserkraft warb, wurde
die Preiserhöhung mit dem
teuren Börsenpreis begründet, ohne die eigene, günstige
Wasserkrafterzeugung zu berücksichtigen. Die AK vermisst
Transparenz bei den Beschaffungskosten und wollte dies
nun vor Gericht klären lassen.
Gestern wurde am Bezirksgericht Innsbruck verhandelt. Es war ein Eintauchen in
eine für Laien schwer durchschaubare Welt der Strompreise. Jede Megawattstunde
Strom, die die Tiwag mit ihren Wasserkraftwerken produziert, werde „mehrfach an
der Energiebörse gehandelt“,
schilderte ein Energiehandels-Experte der Tiwag. Die
Tiwag produziert selbst rund
drei Terawattstunden Strom
im Jahr. „Diese Menge wird
drei- bis fünfmal an der Börse
gehandelt. Nur dadurch lässt
sich der bestmögliche Erlös
erwirtschaften“, schilderte
der Fachmann anhand eines
Beispiels: Ist etwa für Dezember der Verkaufspreis an der
Börse am höchsten, werde die
Planerzeugung im Dezember
verkauft. Ändern sich die Voraussetzungen, sodass etwa im
November der Preis höher ist,
werde die Dezember-Menge
zurückgekauft und für November verkauft — die Differenz
daraus steigere den Gewinn.
Es sei ein ständiges Ver- und
Zurückkaufen, so der Mitarbeiter. Unterm Strich werden
somit aus den drei Terawattstunden Eigenstrom rund 14
Die AK hat Preiserhöhungen der Tiwag vor Gericht gebracht.
Terawattstunden, die durch
Ver- und Rückkäufe hin- und
hergehandelt werden. Zweck
der Speicherkraftwerke etwa
sei es, „den besten Preis am
Markt zu erzielen“.
Wird der erzeugte Tiwag-
Strom innerhalb des Konzerns
direkt an den eigenen Vertrieb
und damit gleich an die Kunden weitergegeben, erfolge
dies ebenfalls zum Börsenpreis. Wie viel die Tiwag eine
selbst erzeugte Megawattstunde tatsächlich kostet? Geschäftsgeheimnis.
„Offensichtlich benutzt die
Tiwag ihren selbst produzierten Strom, um ihn an der
Börse zu handeln und Gewinne zu maximieren“, kritisiert
AK-Experte Dominic Rief.
„Selbst firmenintern wird die
Eigenerzeugung zum Börsen-
Foto: Stassaig
preis verkauft“, so Rief. Er
kenne Stromerzeuger, die mit
ihrer Eigenproduktion anders
umgehen.
Grundsätzlich gelte der gesamte Strom, der in ein Netz
eingespeist wird, generell als
so genannter „Strom unbekannter Herkunft“, betonte
der Tiwag-Zeuge. Jede produzierte Megawattstunde habe
aber einen Herkunftsnachweis. Über diese Nachweise
könne man rechnerisch über
das Jahr hinweg versichern,
dass Tiroler Kunden auch
Wasserkraft-Strom aus Österreich bzw. Tirol erhalten.
Urteil gab es gestern noch
keines, das erfolgt schriftlich.
Die zweite AK-Klage gegen die
diesjährige Preiserhöhung bei
den „Altverträgen“ wird im
Dezember verhandelt. (mas)
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