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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

TirolerseTageszeitung

„‚ICch frage mich, was da noch sozial sein soll‘“, Seite 17
4.9.2023

„IcCh frage mich, was da
noch sozial sein soll“

Die Mieter im Haus im Leben in Innsbruck gehen nach Zinsrallye auf die
Barrikaden: „Wir können das bald nicht mehr zahlen.“

Von Wolfgang Otter

Innsbruck - Die Verzweiflung ist der jungen Frau anzumerken. „Ich gehe Vollzeit
arbeiten, mache sogar Überstunden, aber lange kann ich
mir die Wohnung nicht mehr
leisten“, sagt Sandra Vigl. 520
Euro kalt bezahle sie bereits.
Mit Strom und Heizung komme da ein satter Betrag zusammen. „Das ist nicht mehr
gerechtfertigt. Ich frage mich,
was da noch sozial sein soll“,
ärgert sich die Innsbruckerin.
Sie erntet Kopfnicken von anderen Mietern des Hauses im
Leben 1 und 2 in Innsbruck.
Sie haben sich in den Räumen des Vereins pitanga versammelt, um zu schildern,
wie es ihnen geht. Und das
kann mit einem Wort beantwortet werden: schlecht. Die
Mieten steigen für Privatpersonen, Sozialvereine und Unternehmen. Der Grund dafür
liegt vor einer der Anwesenden: Mitteilungen, in denen
ihr die Genossenschaft BWS
die Miethöhe bekannt gibt,
mit dem Hinweis auf die steigenden Zinsen.

Darauf verweist auch die
BWS: Seit 2022 hat sich die
Annuität um 32 Prozent erhöht und 2023 — da die Zinsentwicklung zum Vorschreibebeginn noch nicht bekannt
war — erfolgt eine Nachverrechnung: noch einmal 32
Prozent. „Diese fällt jedoch
am Jahresende wieder weg!
Das heißt, die Vorschreibung
wird um diesen Betrag weniger“, teilt die Genossenschaft
mit und bedauert die Situation, aber sie sei gesetzlich verpflichtet, die Zinsen weiterzuverrechnen.

Verärgert und teilweise verzweifelt: Die Mieter im Innsbrucker Haus im Leben sehen sich mit Erhöhungen der

Mieten konfrontiert.

Man sei jedoch bemüht, alle beinflussbaren Faktoren zu
senken. Das habe man auch
den Mietern mitgeteilt. „Wie
konnte man das mit variablen
Zinsen finanzieren“, schüttelt
einer von ihnen den Kopf.

An diesem Abend ist auch
viel von Altersarmut die Rede, immerhin haben auch
Pensionisten das Konzept
von Haus im Leben bewusst
gewählt. Zum einen, weil es
ein Sozialprojekt ist, zum
anderen wegen (anfänglich)
günstiger Mieten. Die sind
für Vereine und Unternehmen von vorneherein höher,
liegen zum Beispiel bei pitanga bereits bei 22 Euro, wie

Ursula Jennewein sagt —- eine
Steigerung um 50 Prozent.
Das Konzept von Haus im Leben besteht darin, dass Vereine und Unternehmen aus
dem Sozialbereich das Gebäude besiedeln.

Das könnte sich ändern:
Zumindest hinter der Zukunft der Kinderkrippe steht
ein Fragezeichen. „Bis Dezember ist die Finanzierung
noch gesichert, aber wie
es dann weitergeht, weiß
ich nicht“, sagt Roland Aigner vom betreuenden Verein. Und Jonas Weidemann
vom Familienzentrum übernimmt sogar derzeit aus eigener Tasche die Erhöhung.

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Foto: Otter

„Ich will das noch nicht an
die Eltern weitergeben“, erklärt er.

Den Mietern reicht es: Sie
wollen zur Schlichtungsstelle gehen und Konsumentenschützer einschalten. Und
natürlich die (Stadt-)Politik,
„die muss etwas unternehmen“, ist man sich einig. Von
Stundungen, wie sie die gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft vorschlug und
österreichweit mit bereits 300
Mietern vereinbart hat, will
man hier am Tisch nichts wissen. „Was bringt das, irgendwann müssen wir es ja doch
bezahlen.“ Wenn es dann
überhaupt noch möglich ist.