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Jahr: 2023

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Tiroler Tageszeitung

TirolerseTageszeitung

„Ein Tänzchen zum Finale*“, Seite 12

25.7.2023

Ein Tänzchen zum Finale

Alessandro De Marchi verabschiedet sich nach 14 Sommern als Chef der Innsbrucker
Festwochen. Zuvor tischt der Italiener dem Publikum noch eine gehörige Portion Vivaldi auf.

Die letzten Festwochen unter Ihrer Leitung sind gespickt mit Werken Antonio
Vivaldis, Ein Zugeständnis
an den Massengeschmack?
Alessandro De Marchi: Aber
nein! Vivaldis Konzerte sind
bekannt, das stimmt. Ich aber
präsentiere dem Innsbrucker
Publikum Opern Vivaldis, die
kaum szenisch gespielt werden. Da ist alles drin: Liebe,
Intrige, wunderbare Musik.
Zeichnet sich bei den Ticketvorverkäufen ein Vivaldi-
Effekt ab?
De Marchli: Der Vorverkauf
ähnelt jenem der letzten Jahre, als wir Werke fast unbekannter Komponisten aufführten. Nach 14 Saisonen als
Festwochenleiter vertraut mir
das Publikum. Das freut mich.
Wir hatten stets eine Auslastung von an die 90 Prozent
oder darüber. Davon können
andere Festivals nur träumen.
Die Festwochen haben ihr
Stammbklientel. 30 Prozent
der Gäste kommen aus dem
Ausland. Wie kann es aber
gelingen, auch jüngere BesucherInnen zu gewinnen?
De Marchi: Eine Möglichkeit
wäre es, Alte Musik und Pop
zu vermischen. Das war nicht
mein Weg. Man muss junge
Menschen von der Qualität
Alter Musik überzeugen. Es
reicht, wenn sie zum richtigen Moment an der richtigen

47. Festwochen

Alessandro De Marchi leitet die
Innsbrucker Festwochen seit 2010.
Mit der heurigen 47. Auflage (4.8.
bis 29.8.) beendet der Rümer
seine Arbeit in Innsbruck.

Drei Vivaldi-Opern stehen im
Mittelpunkt des Programms:
„Olimpiade” (Premiere am 4.8.

im Landestheater), „La fida ninfa*
(14.8., Kammerspiele) und „Juditha triumphans“ (23.8., Landestheater). Info: www.altemusik.at

Alessandro De Marchi bei den Proben zur Festwochenoper „Olimplade“ im Landestheater.

Stelle sind. Alte Musik spricht
das Herz an, sie ist zeitlos. Ich
finde es nicht gut, das Niveau
zu verschlechtern, nur damit
diese Musik verstanden wird.
Wie sieht Ihre persönliche
Bilanz aus?
De Marchi: Sehr positiv. Ich
war erstmals vor 30 Jahren als
Assistent von Rene jJacobs bei
den Innsbrucker Festwochen.
Nun bin ich fast 61, habe also
schon mein halbes Leben eine
Verbindung zu Innsbruck.
Gibt es etwas, worauf Sie besonders stolz sind?
De March!i: Ich hatte die Idee
für den Cesti-Wettbewerb für
NachwuchssängerInnen. Den
wird es weiterhin geben, soweit ich weiß. Und ich glaube, dass die Resonanz der
Festwochen international
größer geworden ist. Schade
finde ich, dass es nicht gelang, Meisterklassen mit den
renommierten KünstlerInnen

anzubieten, die bei uns gastieren. Und auch das von mir
tellte Innsbrucker Festwochenorchester wird
es nicht mehr geben.
Heißt das, Ihr Nachfolger
Ottavio Dantone steht beim
Antritt ohne Orchester da?
De Marchi: Ich gehe davon
aus, dass Herr Dantone sein
eigenes Orchester Accademia Bizantina aus Ravenna
mitbringt. Das ist auch wirtschaftlich eine gute Lösung,
Es gibt aber etliche Tiroler
MusikerInnen, die auf Alte
Musik spezialisiert sind, auf
Instrumente wie Trompete,
Pauke oder Traversflöte. Ich
habe immer auch TirolerInnen ins Orchester eingebaut.
Diesmal ist Harfenistin Margret Köll mit dabei.
Ottavio Dantone wird die
Festwochen gemeinsam mit
der bisherigen Betriebsdirektorin Eva-Maria Sens

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leiten. Was würden Sie Ihrem Landsmann raten, der,
ganz anders als Sie, nicht
Deutsch spricht?
De Marchl: Deutsch zu lernen, wäre natürlich gut. Aber
eher ist es andersrum: Festwochen-MitarbeiterInnen sind

‚ Ich hatte noch nie
so viel Geld auf
der Seite! Italiener leben
eben ein bisschen leich-

ter als Schwaben.“

Alcssandro De Marchi (ist mit
einer Schwabin verheiratet)

dabei, Italienisch zu lernen. Es

wird alles klappen. Dantone

ist als Cembalist und Dirigent

hoch angesehen. Und er hat

Frau Sens zur Unterstützung.
Wie sieht Ihre berufliche Zukunft nach dem Abschied
aus Innsbruck aus?

De Marchi: Ich habe zu tun,

ich bin ja Dirigent. Ich leite
nächstes Jahr unter anderem
Opern an der Semperoper
in Dresden, an zwei Berliner
Opern und in Hamburg. Dazu
kommen noch Buenos Aires,
Turin, Rom und Tel Aviv. Mein
Kalender ist gut gefüllt.

Sie wohnen nahe Stuttgart.

Zieht es Sie nun zurück in

Ihre Heimat Italien?
De Marchi: Nein, ich bleibe
bei den Schwaben, meine
Frau ist ja auch Schwäbin.
Die Sprache dort ist allerdings
schwierig, obwohl ich ganz
gut Deutsch spreche.

Ihre Mentalität als Römer

und jene Ihrer Frau sind

verträglich?
De Marcht: (lacht) Ich hatte
noch nie so viel Geld auf der
Seite! Früher habe ich vielleicht etwas lustiger gelebt,
dafür hatte ich aber nie einen
Pfennig in der Tasche. Italiener leben eben ein bisschen
leichter als Schwaben.

Ihr letztes Festwochenkon-

zert am 29. August heißt „Li-

eto fine” — also Happy End.

Verlassen Sie Innsbruck

„happy“ oder sentimental?
De March!i: Politik und Publikum wollen nach 14 Sommern
auch einmal etwas anderes sehen. Bei meinem letzten Konzert wird es Tränen geben und
Freude. Und vielleicht werde
ich danach tanzen.

Werden Sie Innsbruck ver-

missen?
De Marchli: Ja, das werde ich.
Schön wäre es, wenn Restaurants nach den Konzerten
noch warme Küche anbieten
würden. Sonst lässt Innsbruck
keine Wünsche offen: Man
kann alle vier Jahreszeiten an
einem Tag haben.

Womit wir wieder bei Vi-

valdi wären.
De Marchi: Genau! Jetzt muss
ich aber zu den Proben, Grazie, arrivederci!

Das Gespräch führte
Markus Schramek