Pressespiegel seit 2021

Jahr: 2023

/ Ausgabe: 2023_06_13_Presse_OCR

- S.5

Suchen und Blättern in über 500 PDFs und 44.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Dokument

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 2023_06_13_Presse_OCR
Ausgaben dieses Jahres – 2023
Alle Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Tiroler Tageszeitung

„Neues Grab für 420 Tote“, Seite 5

Neues Grab
für 420 Tote

Die in der Altstadt bei Bauarbeiten geborgenen
sterblichen Überreste aus dem Mittelalter wurden
vergangene Woche am Pradler Friedhof beigesetzt.

Von Thomas Hörmann

Innsbruck —- Der Pradler
Friedhof in Innsbruck war
in der vergangenen Woche
Schauplatz einer unäewöhnlichen Beisetzung. Über 400
namenlose Tote fanden zum
zweiten Mal nach ihrem Ableben in einem Grab die ewige
Ruhe. Erstmals bestattet wurden die Alt-Innsbrucker vor
mindestens 500 Jahren. Und
zwar am ehemaligen, längst
aufgelassenen Friedhof beim
Innsbrucker Dom. „Wir haben versucht, die Beisetzung
am vergangenen Dienstag so
pietätvoll wie möglich zu gestalten. Auch ein Bestattungsdienst war dabei“, erzählt
Alexander Legniti, Leiter der
Innsbrucker Friedhofsverwaltung. Geplant sei weiters
eine Einsegnung durch einen kirchlichen Würdenträger und die Errichtung einer
Stele. Kurios: Die Rechnung
für die Bestatter müssen die
Innsbrucker Kommunalbetriebe begleichen. Ein Um-

S A , x

in der Innsbrucker Altstadt.

P

Ein Archäologe im Herbst 2021 bei der Bergung

stand, der mit der Bergung
der Toten zusammenhängt.

Schließlich waren es Arbeiter der IKB, die vor zwei Jahren die Leitungen für Trinkwasser, Gas und Strom am
Domplatz erneuern wollten.
Dabei stießen die Bauarbeiter auf den alten Friedhof mit
den sterblichen Überresten
von rund 420 Menschen. „Zunächst waren es nur 65 Gräber
an der Nordseite des Doms,
doch dann wurden weitere
360 an der Südseite entdeckt.
Das hat uns um Monate zurückgeworfen“, schilderte im
Oktober 2021 IKB-Projektleiterin Ulrike Resch-Pokorny.
Doch abgesehen von den
Bau-Verzögerungen hatten
die Kommunalbetriebe damit ein weiteres — nicht ganz
alltägliches - Problem. Denn
juristisch betrachtet sind die
IKB seither Besitzer der sterblichen Überreste.

Mehr Freude bereitete der
Fund in der Altstadt dem Archäologen Karsten Wink, der
mit seiner Firma Ardis die

‘;v

L

sterbi

w“

d
der

ichen Überreste

Fotzc Ardıs

Seite 5 von 24

Bergung und Untersuchung
der Gebeine übernahm. Dabei kam in einigen Fällen
auch die C14-Methode für
die Altersbestimmung zur
Anwendung. Unterm Strich
dauerten die Untersuchungen über zwei Jahre und sind
jetzt weitgehend abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen
in Buchform veröffentlicht
werden. Archäologen und
Arbeiter fanden aber nicht
nur Schädel und Knochen,
sondern auch Beigaben wie
etwa Rosenkranzperlen. Diese wurden mittlerweile dem
Zeughaus und dem Stadtarchiv zur Verfügung gestellt.
Der Friedhof wurde bereits
im Mittelalter rund um die
Vorgängerkirche des 1724 errichteten Doms angelegt und
vor knapp 500 Jahren aufgelassen.

Entdeckt wurden die Gräber bereits bei Bauarbeiten in
den 1920er-Jahren. Allerdings
sind die Arbeiter damals recht
brachial vorgegangen, haben
mehrere Gräber durchstoßen
und für Unordnung gesorgt.
Wissenschaftliches Interesse
weckten die Funde damals
keines.

Die neuerlichen Funde vor
zwei Jahren beschäftigten sogar die Polizei. Auslöser war
die Anzeige einer Mutter, deren Sohn Skelettfragmente in
der Altstadt entdeckte. Die
Beamten prüften zunächst,
ob die Knochen von Tieren
stammen. Aber schon bald
war klar, dass der gruselige Fund menschlichen Ursprungs war, Zu weiteren Ermittlungen kam es dennoch
nicht. Zumal bald feststand,
dass die Knochen mehrere Jahrhunderte alt sind und
vom aufgelassenen Friedhof
stammen.