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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_04_27_Presse_OCR
- S.9
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Tiroler Tageszeitung
„Bier und Kind sorgten für Eskalation im Gemeinderat“, Seite 21
Bier und Kind sorgten für
Eskalation im Gemeinderat
Hitzige Diskussionen, Schreiereien, ein Mandatar verließ die Sitzung - und
alles nur wegen eines alkoholfreien Biers im Innsbrucker Gemeinderat.
Von M. Reichle, T. Hörmann
Innsbruck - Von einem „letztklassigen Angriff“ spricht die
stellvertretende Klubobfrau
der Grünen, Janine Bex, von
einer „schlechten Symbolik“ Gemeinderat Helmut
Buchacher (SPÖ) gestern
— am Tag nach der Innsbrucker Gemeinderatssitzung.
Deutlich hitziger und emotionaler ging es am Dienstagabend zu. Dabei wurde gar
nicht über einen umstrittenen Tagesordnungspunkt
diskutiert - sondern lediglich
über ein Bier und ein Kind.
Bex hatte, ihr zweieinhalb
Monate altes Baby im Arm,
während der Sitzung aus einer Bierflasche getrunken.
Das Bier hatte 0,0 Prozent Alkohol, wie sie betonte - doch
die Stimmung war bald auf
180. Scharf kritisiert wurde
das zunächst aus den Reihen
der SPÖ. Gemeinderat Helmut Buchacher ergriff das
Wort und drückte als dreifacher Vater und zweifacher
Opa seinen Unmut aus. Er
verließ darauf die Sitzung unter Protest. Scharfe Wortmeldungen —- unter anderem von
Stadträtin Uschi Schwarzl,
die Mobbing ihrer Fraktionskollegin ortete — folgten.
Gemeinderat Gerald Depaoli (Gerechtes Innsbruck) kritisierte, dass das Kind in die
Sitzung mitgebracht worden
sei. Daraufhin wurde die Sitzung unterbrochen.
„Wir werden oft strenger
beurteilt als unsere männlichen Kollegen und werden
für Entscheidungen kritisiert,
die gefeiert werden sollten,
Janine Bex mit Kind in einer der letzten Sitzungen. Sie sah sich im Innsbru-
cker Gemeinderat scharfer Kritik ausgesetzt.
wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Mutterschaft und
einer Karriere in der Politik“,
sagte Bex gestern zur Kritik.
Sie gab sich kämpferisch:
„Wir lassen uns nicht abschrecken. Wir werden auch
weiterhin unsere Kinder mit
in den Gemeinderat bringen,
wenn wir das wollen, und wir
werden unser alkoholfreies
Fote: Böhm
Bier ohne Entschuldigung
genießen. Und wir werden
nicht aufhören, bis jede Frau,
unabhängig von ihrem Status
als Mutter oder einem anderen Faktor, den Respekt und
die Unterstützung erhält, die
sie in der Politik und im Leben verdient.“
Diese „Opferrolle“ kritisiert GR Heisz gestern scharf.
Sie spricht am Mittwoch von
einem „Mangel eines Mindestmaßes an Manieren“.
Sie hätte sich über einen
biertrinkenden Gemeinderat
gleich aufgeregt. Sie finde es
nicht angebracht, am „Arbeitsplatz“ Bier zu trinken.
Auch Buchacher wollte sich
nicht in diese Ecke drängen
lassen. „Ich bin weder frauenfeindlich noch kinderfeindlich. Mir ist wurst, ob
Mann oder Frau, es geht um
die Symbolik.“ Man sei „nicht
in einer Krabbelstube, wir
sind in einem Gemeinderat“,
Er mische sich da aber sicher
nicht ein.
Ganz anders als ihre Fraktionskollegen sah das gestern
Frauenstadträtin Elisabeth
Mayr (SPÖ). Sie sieht in der
gestrigen Sitzung einen Tiefpunkt. „Bereits über die letzten Sitzungen sind wir Frauen im Gemeinderat immer
öfter mit offensichtlich sexistischen und frauenfeindlich motivierten Untergriffen
und Zwischenrufen aus den
unterschiedlichsten Lagern
konfrontiert.“ Frauen seien
immer noch Bewertungen
und Angriffen ausgesetzt,
wenn ihre Mutterrolle im Politischen sichtbar wird. Viele
Mitglieder im Gemeinderat
sollten ihr Verhalten überdenken. Dass GR Janine Bex
mit ihrem Kind stundenlang
im Gemeinderat saß, sorgte
schon im März für Kritik. Depaoli (Gerechtes Innsbruck)
ortete sogar einen Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz
und erstattete Anzeige bei der
Jugendwohlfahrt. „Ich werde
erneut Anzeige erstatten.“
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