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Jahr: 2023

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- S.15

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Kronenzeitung

„Gemeinsamen Tod als letzten Ausweg gewählt“, Seite 24, 25

Gemeinsamen Tog gls letzten Auswe

Heute vor 80 Jahren nahm sich ein hoch

dekorierter Offizier und führender Pfadfinder

mit seiner Frau das Leben. Sie war eine Jüdin.

as Kriegsjahr 1943:
D Die Niederlage von
Stalingrad erschüttert das Dritte Reich. An
der Heimatfront ist man
besessener denn je, die „Judenfrage“ radikal zu lösen.
Das trifft auch das Innsbrucker Ehepaar Teuber.
Sie ist Jüdin, hat bisher
aber den Schutz ihres „arischen“ Ehemannes Oskar.
Er ist ein Kaiserjäger-Offizier, dem bei einer Ehrung
im 1. Weltkrieg attestiert
wurde: „Bescheiden, anspruchslos, Freud und Leid
mit der Mannschaft teilend.“ Danach fungiert er
als Heimkehrreferent bei
der Tiroler Landesregierung, ist angeschener Offizier beim damaligen Bundesheer und wirkt bei der
Gründung der Österreichischen Pfadfinder mit.

Der Anschluss stellte

das Leben auf den Kopf
Das Jahr 1938 stellt das
Leben des Patrioten und
seiner Frau dann auf den
Kopf, sie werden „Menschen zweiter Klasse“, „Es
geht nicht, mit einer Jüdin
unter einem Dach zu wohnen“, heißt es nicht nur von
Nachbarn. „Der Druck,
sich scheiden zu lassen,
wurde sukzessive erhöht“,
recherchierte Pfadfinder-
Chronist Bernhard Linhofer. Der Völser konzipierte
einen Vortrag zum Schicksal der Teubers und konnte
dafür auch zwei Fotoalben
der Familie sichten.

Die Nazi-Behörden
schließen Teubers Nichte
Charlotte von der Schule
aus, verhaften Bruder Emmerich. Zu Ostern 1943
wird alles noch schlimmer:
Gauleiter Franz Hofer
schwadroniert von einem
gänzlich judenfreien Gau.

Schutz

Daher gilt der
durch einen arischen Ehepartner nicht mehr. SS-

Obersturmführer Werner
Hilliges lässt schrittweise
und möglichst ohne Aufsehen über alle jüdischen
Ehepartner — meist ältere
Frauen — die Schutzhaft
verhängen. Samt Einlieferung in das Lager Innsbruck-Reichenau.

„Wir sind um ihr Leben
betteln gegungen“

Auch die Teubers erhalten
den Schutzhaftbefehl, verifel 1ND{CT i
folgen. „Wir sind um ihr
Leben betteln gegangen“,
erinnert sich Nichte Char-

© Das Ehepaar Teubler 1930
in noch glücklichen Zeiten

© Die Begräbnisstelle in
Mühlau um das Jahr 1980

© In der Goethestraße 15
ging das Paar in den Freitod

© Das Wochenendhaus in
der Leutasch existiert noch

lotte später. Sogar Gauhauptmann Gustav Linert
schreibt kurz darauf von
einem „untadeligen Leben“
Teubers, das man nicht „zerbrechen“ solle. Es sei doch
auch ein gutes Zeugnis, dass
er trotz aller Entsagungen
seine Ehefrau nicht verleugne. Beim übergeordneten
Gauleiter Hofer bleibt dies
alles jedoch wirkungslos.

Hausbewohner in der Goethestraße 15 in Innsbruck-
Saggen bemerken dann, dass
Oskar Teuber seine Parterrewohnung abzudichten beginnt. Einen Tag bevor sich

Ayas alte_

Tirol

3.N 1918: H Oskar Teuber (4. v. re.) ist
noch ahnungslos, dass Kriegsende und Gefangenschaft
bevorstehen. Der Offizier wurde als Vorbild beschrieben.

Seite 15 von 32

Fota NrolerPkadAnder

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+

d ggwiihlt

For0s: Traler PhadAnder Archiv (3} Bemhard Linhofer

seine Frau in der Reichenau
hätte einfinden müssen. Mit
Leuchtgas nimmt sich das
Ehepaar am 19. April 1943
schließlich das Leben.

Das Begräbnis Schlägt
Wellen, Persönlichkeiten
aus dem einstigen Ständestaat und Linert nehmen daran teil. Er wird deshalb von
Hofer streng gemaßregelt.

In der Öffentlichkeit werden die Teubers fast vergessen. Fotos, Dokumente, ein
Grabkreuz und ein noch
heute existierendes kleines
Wochenendhaus in der Leutasch helfen Bernhard Linhofer bei seinen Recherchen.
Ein Schicksal in dunkelsten
Jahren ... Andreas Moser