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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_04_17_Presse_OCR
- S.9
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Kronenzeitung
„Weltkriegs-Bunker Vill gab nun seine ersten Geheimnisse preis“, Seite
14, 15
: EOD Munitionsbergung
Weltkriegs-Bunker Vill gab nun
Archäologen fanden im Untergrund ein 24x12 Meter großes Gebäude: Es
handelt sich um einen gut erhaltenen „Feuer-Leitstand“, mit dem eine
Armada an Geschützen gegen alliierte Bomberverbände koordiniert wurde.
vor 78 Jahren, am 20.
April 1945, flogen die
Alliierten den 22. und letzten schweren Luftangriff auf
Innsbruck. Ein grausames
Kapitel _Kriegsgeschichte
F ast auf den Tag genau
ging damit zu Ende. 1500
Menschen waren im ehemaligen Gau Tirol-Vorarlberg
ums Leben gekommen, ein
Drittel davon in Innsbruck.
Die Stadt lag in Trümmern.
Ein stiller Zeuge aus die-
ser Zeit wurde — wie berichtet — vor Kurzem in der zu
Innsbruck gehörenden Mittelgebirgsgemeinde Vill freigelegt. Hier stand eine der
drei großen Flakbatterien,
mit der die Nazis die Bom-
bardierung des Landes verhindern wollten. Eine Armada an schweren Geschützen
war zu diesem Zweck in
einem Feld gruppiert.
Gesteuert wurden die Kanonen von einem Feuer-
Leitstand aus. Die Grabungen in Vill zeigten nun: Bei
dem Weltkriegsbunker handelt es sich genau um so
einen Befehlsstand, quasi
das Herzstück der gesamten
I Juli 1943 begann die
m Lage in Tirol immer
gefährlicher zu werden. Mit
der Landung der Alliierten in
Sizilien und dem Sturz Mussolinis begann eine neue Phase des Luftkrieges, da nun
eine zweite Luftfront von Süden aus eröffnet werden
konnte. Damit war der Gau
Tirol-Vorarlberg akut gefährdet, lag er doch dadurch
mit Süddeutschland in
Reichweite der alliierten
Luftstreitkräfte.
Im Sommer 1943 wurden
einige Flakbatterien in Inns-
1943 wurde Lage
immer gefährlicher
Historiker Horst Schreiber schildert,
wie der Luftkrieg nach Tirol kam
bruck und entlang der Brennerstrecke aufgestellt, doch
angesichts der steigenden
Bedrohung des Gaugebietes
entsprach die Flakverteidigung Innsbrucks in keiner
Weise den Notwendigkeiten.
Am 15. Dezember 1943 kam
es zum ersten und verhängnisvollsten von insgesamt 22
Angriffen auf Innsbruck. Die
Ursachen lagen im veralteten
Geschützmaterial der Flak,
am Mangel an erfahrenen
Soldaten und bombensicheren Sicherheitsräumen sowie
im völligen Versagen des
Warnsystems. Da bis Juni
1944 keine Angriffe mehr auf
Innsbruck erfolgten, blieb
Zeit, um die Schlagkraft der
Luftverteidigung durch eine
Ausweitung des Einsatzes
der Schuljugend sowie durch
eine größere Zahl Flakbatterien aus Italien zuerhöhen.“
Auszug aus: Horst Schreiber, Konrad
Arnold(Hrsg.): „Innsbruck im
Bombenkrieg - Luftschutzstollen
aus dem Zweiten Weltkrieg.“
seine ersten Geheimnisse preis
Flakbatterie. Hier wurden
Geschwindigkeit und Höhe
der Flugzeuge erfasst, ausgewertet und an die Flak-Geschütze weitergeleitet.
288 Quadratmeter
beheizbare Fläche
Archäologe Pascale Brandstätter, beauftragter Experte
der Firma EOD Munitionsbergung, berichtet über seine
Eindrücke von der Bege-
hung. „Die Anlage kann als
Leitstand der _ schweren
Flakbatterie Vill bezeichnet
werden, jeder Raum konnte
seiner Nutzung zugeordnet
werden“, sagt Brandstätter,
„der Aufbau war genormt.
Es besteht Übereinstimmung mit den bekannten
Bauplänen“. Der Bunker
war in der Nachkriegszeit
komplett ausgeräumt worden: „Die doppelten Stahl-
türen inklusive Rahmen
wurden nicht etwa herausgerissen, sondern fachmännisch entfernt“, stellte der
Archäologe fest. Auch von
der Elektrik seien nur noch
Reste vorhanden, genauso
wie vom Holzboden und
vom Ofen. Der Bunker sei
beheizt gewesen. Der Eingang sei irgendwann in den
1960er- oder 70er-Jahren
zugeschüttet worden. Nie-
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mand sei seitdem hineingekommen. „Der Erhaltungszustand ist gut. Es gibt
nichts Vergleichbares im
Raum Innsbruck, Es ist eine
Zeitkapsel in die Vergangenheit.“ Der Fachmann datiert das Baujahr auf 1944.
Nach Abschluss der Erhebungen ergeht ein Bericht an
das Bundesdenkmalamt, das
über die weiteren Schritte
entscheidet. Philipp Neuner
Vermutlich die Schreibstube mit Resten vom Holzboden (li. vorne). Der Eingang wurde wieder fachgerecht verschlossen (re.).
© Foto: EOD Munitionsbergung GmbH