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Jahr: 2023
/ Ausgabe: 2023_03_3_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Eine müde grüne Stadträtin mit erneuerbarer Energie“, Seite 22
Eine müde grüne Stadträtin
mit erneuerbarer Energie
Abwahlanträge, untergriffige Attacken, die eigene Partei in der Krise: Uschi
Schwarzl setzt die Situation zu. Aber sie richtet sich immer wieder auf.
Von Denise Daum
Innsbruck —- Uschi Schwarzl
sitzt an ihrem Schreibtisch im
ersten Stock des Innsbrucker
Rathauses. Sie ist gut gelaunt
(wie eigentlich immer) und
trägt einen grünen Pullover.
Grün ist ihre Farbe. Modisch
wie politisch. Daran ändern
auch die Schwierigkeiten
nichts, in denen ihre Partei
seit Monaten steckt. Ihrem
grünen Weggefährten Georg
Willi hält sie die Stange. Der
Innsbrucker Bürgermeister
ist angeschlagen.
„Man muss die ganze Person Georg Willi sehen. Ich
kenne ihn gut und lange. Er
hat ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Wenn er
Ungerechtigkeit ortet, dann
marschiert er“, sagt Stadträtin Uschi Schwarzl. Ohne
Rücksicht auf Verluste. So
geschehen bei den Sonderverträgen, die Georg Willi einer Mitarbeiterin gewährte,
nachdem der Stadtsenat diese als Personalchefin absetzte. Das sei ungerecht gewesen. So sehen es die Grünen.
Was Willi gemacht hat, ist für
Schwarzl nachvollziehbar.
Über das Wie könne man reden, räumt sie ein.
Die Grünen waren in den
vergangenen Sitzungen auffällig ruhig. Niemand rückte
aus, um den unter Dauerbeschuss stehenden Georg
Willi glaubwürdig zu verteidigen. „Wir wollen uns nicht
dem Vorwurf ausliefern, Öl
ins Feuer zu gießen“, erklärt
Schwarzl. Sie selbst werde
zunehmend sprachlos ob der
Verrohung der Sprache im
Gemeinderat.
Bei der vergangenen Gemeinderatssitzung war Innsbrucks Stadträtin Uschi Schwarzl - wie .ihre grünen Gemeinderatskolleginnen - auffallend ruhig. Sie habe sich auf ihre Anträge konzentriert, sagt Schwarzl.
Fünf (!) Abwahlanträge hat
Gemeinderat Gerald Depaoli gegen Stadträtin Schwarzl
bislang eingebracht. Seine Attacken gegen sie sind oftmals
untergriffig, beleidigend.
Ja, es sei manchmal schwer
aushaltbar, sagt Schwarzl.
Bedenklich sei für sie, dass
andere, die selbst in Regierungsverantwortung sind, bei
diesem Spiel mitmachen. Zuletzt hat Für Innsbruck einen
Antrag auf teilweisen Ressortentzug gestellt. Aber langsam
beteiligen sich immer weniger an der „laufenden Entwürdigung“, wie Schwarzl
den Akt nennt.
Eine Abwahl hat Schwarzl
schon hinter sich: die als Vizebürgermeisterin. Das habe sie locker weggesteckt.
„Ich will Projekte umsetzen“
— ob als Vizebürgermeisterin
oder amtsführende Stadträtin ist ihr einerlei. „Ich hatte
danach auch keine Rachegelüste.“ Eine andere Abwahl
bereut Schwarzl indes: jene
von Christine Oppitz-Plörer
als Vizebürgermeisterin im
Oktober 2019. „Inhaltlich war
der Schritt berechtigt, aber
über die Konsequenzen waren wir uns wohl zu wenig
bewusst.“
Die Regierungsperiode
dauert noch rund ein Jahr.
Ob sie als Planungsstadträtin
den Spatenstich für den Neubau des Bozner Platzes setzen
wird? „Wichtig wäre es“, sagt
Schwarzl und rührt die Werbetrommel für das Projekt.
„Wir machen den Platz klima-
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Foto: Falı
fit, erhöhen die Aufenthaltsqualität und schaffen Platz
für die FußgängerInnen.“ Die
Kostenschätzung ist auf über
neun Millionen Euro gestiegen. Der Gemeinderat muss
im März entscheiden, wie es
weitergeht.
Ja, die politische Situation mache sie müde. Extrem
müde. Im nächsten Satz relativiert sie schon wieder.
„Aber ich habe unglaublich
viel Energie.“ Auch noch
nach 34 Jahren in der Politik.
Dass sie bei der Wahl erneut
kandidiert, schließt sie nicht
aus. Und wie sieht es mit Georg Willi aus? Ist das seine
erste und letzte Periode als
Bürgermeister? „Nein. Nein,
das glaube ich nicht“, sagt
Schwarzl ehrlich überzeugt.