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Tiroler Tageszeitung

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„In der Pradler Straße biegen Nachfolger woanders ab“, Seite 21

6.2.2023

In der Pradler Straße biegen
Nachfolger woanders ab

Alteingesessene Betriebe in der Pradler Straße müssen schließen, weil
sich keine Nachfolge findet. Zwei Unternehmer erzählen warum.

Von Verena Obermüller

Innsbruck - Man kennt sie
eben. Und das nicht nur in
Innsbrucker Kaffeehauskreisen, sondern vor allem unter
Pradlerinnen und Pradlern,
Denn für viele von ihnen ist
die Konditorei Walter seit
über 60 Jahren eine Institution, die aus der Pradler Straße
kaum wegzudenken ist. Was
nach einer zuckersüßen Erfolgsgeschichte klingt, könnte
für viele Stammgäste aber einen bitteren Nachgeschmack
haben: Nach Zigtausenden
Torten, Cappuccini und Faschingskrapfen schließt die
Konditorei Walter mit Ende
April ihre Pforten. Der Grund
dafür: Es findet sich kein
Nachfolger.

„Unseren ersten fixen Ruhetag haben wir erst vor einem Jahr eingeführt“, erzählt
Konditor Thomas Walter, der
selbst „schon seit zehn Jahren in Pension gehen könnte“. Gemeinsam mit seinem
Bruder Andi führt er den Familienbetrieb. Die Liebe zum
Zuckerguss haben die beiden
auch an Andis Töchter weitergegeben — eine der beiden
ist gelernte Konditormeisterin. „Sie haben sich trotzdem
nicht darüber ausgesehen,
und ich kann das gut nachvollziehen“, sagt Thomas
Walter nachdenklich.

Er könne die Beweggründe
jüngerer Generationen, eine Nachfolge auszuschlagen,
sehr gut verstehen: „Trotz
des Ruhetages haben wir eine
7-Tage-Woche.“ Jederzeit an
den Betrieb gebunden zu sein
und nur wenig Flexibilität zu

Die Pradier Straße in Innsbruck verliert immer mehr alteingesessene Be-

triebe. Die Nachfolge scheint schlichtweg zu wenig attraktiv. F: 06e=üte

genießen, würde zum Alltag gehören. Wenn ein Mitarbeiter kurzfristig ausfällt,
müsse man meistens selbst
einspringen. „Ohne eine Ehepartnerin, die auch hinter
dem Unternehmen steht und
mithilft, würde das sowieso
nicht gehen.“ Zudem würde
die Verantwortung viele abschrecken, schließlich gelte
es, die Produktion, den Verkauf und das Cafe unter einen
Hut zu bringen.

„Die Ansprüche der Kunden sind in den vergangenen
Jahren sicher auch gestiegen“, ergänzt der Konditormeister. „Heute muss man

binnen kürzester Zeit auf
eine Mailanfrage antworten können oder die Kunden
kommen mit einem Foto von
ihrer Wunschtorte aus dem
Internet zu uns.“

Nachdem sich eine familieninterne Übernahme nicht
mehr abgezeichnet hatte, habe man auch außerhalb die
Fühler ausgestreckt. „Aber
wie soll man denn einen
Nachfolger finden, wenn es
schon schwer ist, überhaupt
Personal zu finden?“, fragt
Walter, der derzeit rund 20
Mitarbeiter beschäftigt.

Und was passiert nun mit
der bekannten Konditorei?

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Laut dem Geschäftsführer
komme „mit großer Wahrscheinlichkeit“ ein anderes
Kaffeehaus an den Standort.

Wenige Schritte weiter trifft
man auf die Metzgerei Roman Strickner —- ebenso ein
Familienbetrieb. Auch hier
war die Nachfolge bereits
Thema. Der Sohn des Inhabers habe zwar eine facheinschlägige Ausbildung absolviert, gehe jetzt aber trotzdem
beruflich andere Wege. „Und
das zu Recht“, sagt Vater Roman Strickner. „Ich will meinem Sohn das gar nicht zumuten. Ich verstehe es, wenn
er etwas anderes machen und
nicht sieben Tage die Woche
arbeiten will.“

Umliegende Baustellen in
den vergangenen Jahren und
stadtpolitische Überlegungen
zu einer Begegnungszone mit
Parkplatz-Reduktion hätten die Situation erschwert.
„Wenn wir keine Parkplätze
mehr haben, dann sind wir
auch nicht mehr konkurrenzfähig“, erklärt Strickner. Viele Kunden würden dann in
große Supermärkte mit ausreichender Parkmöglichkeit
ausweichen. „Die Stadtpolitik hat es trotz mehrerer Initiativen bis heute noch nicht
geschafft, die Weiterentwicklung gut zu koordinieren“,
sagt er.

Doch nicht nur in Pradl sei
man in Sachen „Nachfolge-
Attraktivität“ schon länger
vom rechten Weg abgekommen, findet der Metzger in
der Pradler Straße. Auch er
wird in wenigen Jahren seine Geschäftstüren für immer
schließen.