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Jahr: 2022

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Tiroler Tageszeitung

„Vom Glanz einer Residenzstadt“, Seite 24

Vom Glanz einer Residenzstadt

Eine neue Schau im Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck lässt mit raren Dokumenten

und ausgesuchten Objekten Jahrhunderte bewegter Stadtgeschichte wieder aufleben.

—,

Von Michael Domanig

Innsbruck —- Mit der neuen
Ausstellung „Im Aufbruch.
Innsbruck wird Residenzstadt“ gelingt dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck — in Kooperation mit
dem Landesarchiv — ein sehenswerter Streifzug durch
die Stadtgeschichte. Wertvolle
Dokumente und ausgewählte
Objekte erwecken die Vergangenheit zum Leben.

So erfährt man vom Ausstellungsteam um Gertraud
Zeindl und Renate Ursprunger etwa, wie eng die Stadtwerdung mit dem Stift Wilten
verbunden war: 1180 konnten
die Andechser — die zuvor einen Markt am linken Innufer und die später namensgebende Innbrücke errichtet
hatten — das Gebiet der heutigen Altstadt erwerben. Dies
gelang per Tauschvertrag mit
dem Stift, das sich im Gegenzug u.a. die Hoheit über das
kirchliche Leben in Innsbruck
sicherte. Das Original dieses
Vertrags ist nicht erhalten,
sehr wohl aber eine Neuausfertigung von 1186/88, die
sonst kaum bis nie öffentlich
zu bestaunen ist.

Auch für die Erhebung zur
Stadt — die geschah zwischen
1187 und 1204 — gibt es keine
originale Verleihungsurkunde, sondern „nur“ eine Bestätigung von 1239, die ebenfalls
ausgestellt ist. Jedenfalls beschleunigte sich Innsbrucks
Aufstieg dadurch weiter, zumal auch das „Niederlagsrecht“ bestätigt wurde: Wer im
Gebiet zwischen Melach und
Ziller durchwollte, musste in
Innsbruck seine Waren zwischenlagern und Abgaben berappen.

Von 1300 bis Mitte des 16.
Jh. verfünffachte sich Innsbrucks Einwohnerzahl fast
auf ca. 5000. Zentral für den

Aufstieg - und damit auch die
jetzige Ausstellung — war die
Verlegung der landesfürstlichen Residenz von Meran
nach Innsbruck unter Herzog
Friedrich IV. „mit der leeren
Tasche“. Die günstige Lage
am Schnittpunkt von Nord-
Süd- und Ost-West-Routen
gab wohl den Ausschlag.

1420 erwarb Friedrich zwei
Bürgerhäuser und ließ sie
zum „Neuhof“ umbauen.
Angesichts dieses wichtigen
„Startschusses“ für die Residenzstadt war die Ausstellung
eigentlich schon 2020 geplant,
doch Corona durchkreuzte

das 600-Jahr-Jubiläum. Weiter tragisch ist das nicht: Die
Residenz ist schließlich nicht
an einem bestimmten Datum
festzumachen, sondern entwickelte sich über Jahre, wie
Zeindl betont.

Jedenfalls folgte damals
ein wahrer Boom: Innsbruck
wuchs durch den Zuzug von
Adeligen und Geistlichen weiter, profitierte wirtschaftlich
wie politisch von der Nähe der
Landesfürsten. Eigene Hoflieferanten und -handwerker
etablierten sich neben dem
städtischen Handwerk — oft
genug in Konkurrenz dazu. Als

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z

Das höfische Leben nimmt in der Schau breiten Raum ein (großes Bild). Zu den wertvollen Ausstellungsobjekten zählen die Bestätigungsurkunde der Stadterhebung, prächtige Intarsienarbeiten als Beispiel höfischer
Handwerkskunst oder edie Stöckelschuhe aus der Familie Anna Caterina Gonzagas. Fetos: Johannes Mattner (2), Domanig (2)

Beispiele für die hochwertige
Handwerkskunst sind Ofenkacheln, kunstvolle Schlösser
aus der Hofschlosserei oder
prächtige Intarsienarbeiten
ausgestellt.

Friedrichs Sohn, Erzherzog
Sigmund, wurde der Neuhof
am Stadtplatz bald zu klein:
Er begann mit dem Bau einer
neuen Residenz, des „Mitterhofs“, den Kaiser Maximilian I. später zur Hofburg
ausbauen ließ. Unter Max ging
es mit Innsbruck „residenztechnisch“ übrigens schon
wieder bergab, weil er sich nur
zeitlich beschränkt in Inns-

bruck aufhielt. Das kompensierte er aber über rege Bautätigkeit: So ließ er dem Neuhof
von 1497 bis 1500 das heute so
berühmte Goldene Dachl als
Prunk-Erker vorbauen.

Besonders spannend an
der Schau sind die Eindrücke
vom höfischen Leben: Schon
Friedrich IV. verstand sich auf
repräsentatives Auftreten, wie
eine Aufstellung seiner rund
100-köpfigen Entourage auf
Reisen zeigt: Köche und Küchenknechte waren ebenso
dabei wie Schneider und Apotheker, Pfeifer, Trompeter und
Pauker oder der Hofnarr. Eine
Tischordnung von 1430, die
rund 400 Personen umfasste,
legt nahe, dass Friedrichs
Hof damals einer der größten
nördlich der Alpen war.

Erzherzog Ferdinand II. ließ
die Residenzstadt als Landesfürst später, im 16. Jh., nochmals groß aufleben. Davon
zeugen in der Ausstellung
etwa prächtige Stöckelschuhe,
die der Familie seiner zweiten
Frau Anna Caterina Gonzaga
zugeschrieben werden.

1665 starb die Tiroler Linie
der Habsburger aus, womit
Innsbrucks Zeit als landesfürstliche Residenzstadt endete. Doch man blieb ein Verwaltungszentrum — und als
Residenz auch im Bewusstsein der Habsburger: Dies
zeigte sich unter Maria Theresia am Umbau der Hofburg,
die damals, im 18. Jh., ihren
heutigen „Look“ erhielt.

Zu sehen ist die Ausstellung
in der Badgasse 2 noch bis 21.
April, jeweils Mo. bis Fr. von
9 bis 17 Uhr, außerdem an
folgenden Samstagen: 21.1.,

18.2., 18.3. und

15.4. (jeweils von
Im Internet:

10 bis 14 Uhr).
Viele weitere Details und mehr
Bilder finden Sie auf www.tt.com