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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_11_27_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„‚Wildtiere kommen vermehrt ins bewohnte Stadtgebiet‘“, Seite 14
„Wildtiere kommen vermehrt
ins bewohnte Stadtgebiet“
Thomas Klestil ist Innsbrucks
neuer Wildtierbeauftragter. Ein
Gespräch über Biber, Tauben und
Wissenslücken beim Tierschutz.
Wie sehen Sie Ihre Auf-
gabe als Wildtierbeauf-
tragter für Innsbruck?
Thomas Klestil: Mir geht
es darum, mehr aufzuklären, die größten Probleme zwischen Mensch
und Tier entstehen durch
mangelndes Wissen. Ich
will auch eine Anlaufstelle
für die BürgerInnen sein.
Mitunter wurden Menschen, die ein verletztes
Wildtier gefunden haben,
im Kreis geschickt. Ich
bemühe mich, sie an die
richtige Stelle zu vermitteln.
Welche Ausbildung ha-
ben Sie absolviert?
Klestil: Ich stamme aus
Innsbruck und habe zunächst Biologie und Medizin studiert, jedoch
nicht abgeschlossen. Dabei konnte ich aber Einblicke in das Feld Hygiene
gewinnen, das bezüglich
Krankheiten, die vom
Tier auf den Menschen
übergreifen können,
wichtig ist. Ausgebildet
bin ich als Forstwart mit
einer Zusatzqualifikation
als Wald- und Jagdpädagoge. Ich bin schon lange
Jäger. Viele Freunde sind
Vegetarier und stehen
der Jagd sehr skeptisch
gegenüber. Da habe ich
auch gemerkt, dass es
hier viele Falschinformationen gibt.
Innsbruck gilt als Stadt
mit vielen Grünflächen. Gibt es dadurch
mehr Wildtiere?
Klestil: Ja. Während der
Lockdowns sind diese
mehr in den urbanen Bereich vorgedrungen, sie
werden auch, etwa von
der Nordkette, wegen der
hohen Freizeitnutzung in
die Stadt verdrängt.
Sind Sie auch für den
Innsbrucker Gebirgsraum zuständig?
Klestil: Das ist nicht meine eigentliche Aufgabe,
aber ich würde mich da
gerne einbringen. Die
Menschen müssen verstehen, dass Tiere Ruhe
und Erholung in ihrem
Lebensraum brauchen.
Andere Städte beklagen
etwa eine Waschbären-
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Thomas Klestil am Lohbach. Der Vfildtierbeaufiragte ist unter 0512/5360/1184 erreichbar. Fow: Faık
plage oder die Invasion
durch Wildschweine, ist
das in Innsbruck auch
ein Thema?
Klestil: Wildschweine
kommen derzeit im Innsbrucker Stadtgebiet gar
nicht vor, Waschbären
wurden hingegen schon
vereinzelt gesichtet. Hier
muss man wachsam sein,
die Tiere können, wenn
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man ihnen auf den Pelz
rückt, aggressiv werden.
Sie vermehren sich sehr
rasch, so wie Ratten und
Tauben.
Womit wir bei den Tau-
ben wären...
Klestil: Ich bin jetzt seit
drei Monaten tätig, Tauben und Ratten machen
80 Prozent der Anfragen aus. Hinsichtlich der
Taubenschläge habe ich
mit allen Beteiligten gesprochen. Das Thema
ist hochemotional, die
Standpunkte könnten
nicht konträrer sein. Da
kommen Menschen zu
mir, die wollen die Tiere
vergiften, weil sie alles
zukoten, und Tierschützer, die mir verletzte Tauben bringen. Immer wieder treffe ich in der Stadt
auch auf Taubenfütterer.
Das ist nicht nur verboten, altes Brot ist sogar gefährlich für die Tiere. Ich
will eine gute Lösung für
alle finden. Vergangene
Woche hat die Taubenzählung begonnen.
Welche Wildtiere sind
die außergewöhnlichsten in Innsbruck?
Klestil: Ein Biber wohnt
am Lohbach. Er ist streng
geschützt, auch der Bau
darf nicht zerstört werden. Das Tier baut fleißig
Dämme, das Annagen
der Bäume ist aber nicht
ungefährlich. Die Mitarbeiter des Gartenamtes machen aber täglich
Kontrollgänge, damit keine Gefährdung entsteht.
Natürlich gibt es mitunter
auch Beschwerden über
den bauwütigen Nachbarn, viele freuen sich
aber auch, denn der Biber
zeugt von einem intakten
Ökosystem.
Das Interview führte
Alexandra Plank