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Jahr: 2022

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- S.8

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Kronenzeitung

Kronen
Zeitung

„Die Barrierefreiheit existiert in Österreich oft nur auf dem Papier“, Seite
16-17
30.9.2022

DARUM MACHEN WIR ES ZUM THEMA

Was auf dem Papier steht, fehlt häufig in der Praxis: Die
Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung. Um den
Lesern zu zeigen, wo es Handlungsbedarf gibt, lässt die

THEMA

TIROL

DES TAGES

„Tiroler Krone“ einen Betroffenen zu Wort kommen.

tiroler@kronenzeitung.at
ie kritisieren, dass Men-

S schen mit Behinderung
in vielen Bereichen von
der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen sind. Welche Bereiche betrifft das?

Den Bildungsbereich, also
Kindergarten und Schule, wo
Inklusion in weiten Teilen
Osterreichs und vor allem
auch Tirol leider nicht gelebt
wird. Zweitens und drittens
die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und in der
Kommunikation. Viertens
die Bezahlung: Meines Wissens bekommen 25.000
Menschen mit Behinderung
in Osterreich für eine Vollzeitarbeit lediglich ein Taschengeld, aber keinen Lohn.

Fünftens den barrierefreien Wohnraum. Hier ist das
Angebot sehr gering. Barrierefreiheit existiert in Osterreich oft nur auf dem Papier.
Sechstens die persönliche
Assistenz. Im Gesetzt steht,
dass jeder so viel Assistenz
bekommen soll, wie er oder
sie braucht. In der Praxis gibt
es aber viel zu wenig persönliche Assistenz und keine 24-
Stunden-Assistenz.

„Nur wenig barrierefreie
Spielplätze in Innsbruck“

Woran scheitert es bei den Gesetzen konkret?

Wenn irgendwo Barrierefreiheit fehlt, kann ich nach
dem Behindertengleichstellungsgesetz eine Schlichtung
beantragen. Anschließend
kommt eine Schlichtungsstelle, die Vorschläge zur Lösung erarbeitet.

Wenn man sich an diese
Vorschläge nicht hält, passiert aber nichts. Im besten
Fall bekommt man ein paar
hundert Euro Entschädigung, aber es ändert sich
nichts, weil niemand dazu gezwungen ist. Ein Problem ist
auch, dass ich mich immer
selber wehren muss.

Haben Sie dazu ein Beispiel
aus Ihrem Alltag?

>

„Die Barrierefreiheit
existiert in Osterreich
oft nur auf dem Papier“

Roman Scamoni sitzt im Rollstuhl und kämpft um mehr Rechte für

Menschen mit Behinderung. Die „Tiroler Krone“ traf ihn zum Interview.

Ich bin Vater,
sitze im Rollstuhl
und wohne in Innsbruck. Hier gibt es
kaum barrierefreie
Spielplätze. Beim
Amt für Grünanlagen habe ich das
angesprochen.
Dort hieß es, dass
man das zwar wisse, aberes fehle das
Budget, weswegen
man nichts machen könne. Beim
Behindertenbeirat
sagte man mir, dass man
zwar eine Schlichtung anstreben könne, dabei aber
vermutlich nicht viel herauskommen werde.

„Italien ist uns bei dem
Thema deutlich voraus“

Wie sieht es im schulischen
Bereich aus?

Osterreich hat 2008 die
UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben, in
der festgehalten ist, dass
schulische Integration überall wohnortnah „erfolgen
muss. Stattdessen setzt das
Land Tirol weiterhin aufsonderpädagogische Zentren,
die durch den Schulerhalter
finanziert und zum Teil ausgebaut werden, anstatt in

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Roman Scamoni (rechts) im Gespräch mit Manuel
Schwaiger, Redakteur der „Tiroler Krone“.

wohnortnahe inklusive
Schulen zu investieren!

Österreichweit gibt es den
Nationalen Aktionsplan, in Tirol wird der Tiroler Aktionsplan erstellt, der die Situation
verbessern soll. Wie sehen Sie
die beiden Pläne?

Was sehr gut funktioniert,
ist, dass man auch Menschen
mit Behinderung an den
Tisch geholt hat. Dort wird
schon auch zugehört. Es wird
leider nur viel zu wenig auch
umgesetzt. Meistens scheitert es am Budget. Oft aber
auch am Willen. Die Verantwortlichen holen sich auch
zu wenig Beispiele und
schauen nicht dorthin, wo es
funktioniert.

Wo funktioniert es besser?

Seite 8 von 16

Italien ist uns,
was inklusive Gesellschaft anbelangt, definitiv voraus. Die Italiener
haben auch schärfere Gesetze.
UÜberall dort, wo
der Gesetzgeber
Konsequenzen
vorsieht, funktioniert es besser.
Man müsste bei
uns auch die Gesetze verschärfen,
dann würde garantiert Vieles gehen. Und es
muss auch ermöglicht werden, dass Menschen mit Behinderung leichter zu ihren
Rechten kommen. Sei es in
Form eines Ombudsmannes
oder einer Behörde.

Zudem braucht es den
Ausbau von Beratungs- und
Anlaufstellen, wo Betroffene
direkt und rasch darüber informiert werden, welche Förderung und Unterstützung
ihnen zusteht.

Politik soll „weniger reden
und endlich mehr tun“
Wo fällt Ihnen als persönlich
Betroffener im Alltag auf, dass
es Hürden gibt?

Bei Behördengängen funktioniertessehr gut. Alles, was