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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_08_4_Presse_OCR
- S.6
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Tiroler Tageszeitung
„Der Stadtspaziergang“, Seite 21
Der Stadtspaziergang
Dienstleister und Betriebe aus )hrem S$tadtteil stellen sich vor
Eine Junkers F-13 der Österreichtschen Luftverkehrs AG parkt wor den beiden Reichenauer Hangars. Amscs Mef/Chuut
Wie der erste Flughafen in
der Reichenau landete
Wer vor 75 Jahren von Innsbruck aus eine Flugreise antreten wollte, der musste (gerade noch) in die Reichenau:
Von 1925 bis 1947 befand
sich hier der erste Flughafen
der Landeshauptstadt — wenn
auch der Standort nicht die
erste Wahl war: Pläne der
k.u.k. Heeresleitung für einen
Militärflugplatz auf der Ulfiswiese scheiterten am Wider-
stand der Bauern. Auch die
Landesregierung, die 1920
beschloss, ein Flugfeld zu erwerben, biss bei Bauern der
Höttinger, Völser und Thaurer Au und der Rossau auf
Granit. Für so „luftige Vorhaben“ wollten sie keinen wertvollen Kulturgrund hergeben.
Schließlich stellte die Stadt 15
Hektar ihres Landgutes in der
Reichenau zur Verfügung.
Am 1. Juni 1925 startete der
Flugbetrieb auf der Strecke
München - Innsbruck mit einer Fokker F. IIl der süddeutschen Aero Lloyd. Über den
ausgebauten Wetterdienst
mit eigener Funkstelle waren
stündlich Wetterverhältnisse
aus Europa abrufbar. Bald waren auch Wien, Mailand, Paris und Zürich erreichbar, bis
die Weltwirtschaftskrise den
Betrieb auf den Kurs Salzburg
— Innsbruck reduzierte. Ab
1926 gab es übrigens Höhentransporte zur Versorgung der
Schutzhütten: Der erste warf
am 18. April Gefrierfleisch
beim Alpengasthof Kühtai
ab. Auch Touristen-, Sportund Kunstflüge starteten in
der Reichenau.
Der Gutshof des
Tiroler Landesfürsten
Aus der Reichenau wurde einst der Hofstaat versorgt.
Heute erinnert nur noch der
etwa 100 Meter kurze Guthofweg zur Auferstehungskirche an die Bedeutung des
Gebietes für den Landesfürsten (und später für die Bevölkerung): Weite Teile der
Reichenau dienten im Mittelalter der Versorgung der
Innsbrucker Hoftafel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Der Gutshof selbst,
der 1510 erstmals verbrieft
ist, aber vermutlich schon
zur Regentschaft Sigismunds
(1446-90) existierte, befand
sich dort, wo heute die Hochhäuser Reichenauerstraße 91,
93 und 95 stehen. Er umfasste
Maierhaus, Stadel, Stall, Holz-
& Wagenschupfen, Backofen,
„Kasten“ (Getreidespeicher)
und ausgedehnte Äcker und
Wiesen. Dazu gehörten auch
weiter entfernte und daher
anderweitig verpachtete Flächen, etwa bei den Silhöfen,
in Natters sowie die Frohnebenalm im Stubai.
1666 — Innsbruck war nach
dem Aussterben der jüngeren
Tiroler Habsburgerlinie keine
Residenzstadt mehr — wurde
der Gutshof verkauft. Graf
Johann von Spaur, dessen Famihe das Gut bis 1812 besaß,
errichtete ein Lustschlösschen
neben dem Hof (Abriss 1958).
Einstiges Reiterparadies
Wo hewuer die ersten Bewohner eingezogen sind und bis
2025 ca. 1000 Wohnungen
besiedelt werden sollen, saßen einst Reiter fest im Sattel.
Der Name „Campagne-Areal“
zeugt davon: 1955 gründeten pferdebegeisterte Männer
(u.a. Arthur Rhomberg und
Adaolf Lauda) bei einem Reiterstammtisch im Adambräu die
„Campagnereiter-Gesellschaft
Landesgruppe Tirol“. 1956/7
wurde die Reitsportanlage Reichenau errichtet. 2009 wechselte sie nach Igls, weil die
Stadt das weitläufige Areal für
den Wohnbau reklamierte.
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Nach wechselnden Besitzern
in der Folgezeit erwarb 1902
die Stadt Innsbruck das Gut
und verpachtete es an Andrä
Tollinger.
Laut einer Broschüre des
Landesverkehrsamtes umfasste das Gut 1929 inklusive der Flughafenfläche, wo
Schafe weideten, noch „zirka
50 Hektar Talbesitz“, davon
zehn Hektar Grasflächen.
Auf den Feldern wurden vor
allem Silomais, Roggen, Kartoffeln, Hafer, Gerste und
Futterrüben geerntet. Es gab
einen Schweinezuchtbetrieb,
besonders wichtig war aber
die Milchwirtschaft. 60 Kühe
Grünes Paradies: die Campagne-
Reitanlage 2004.
on T4-Archem/ Aa
Nur ein Weg erinnert noch an den stattlichen Gutshot.
Fota: Leome Maı
lieferten überprüfte Qualitätsmilch, die auch in der Kinderklinik Verwendung fand. Im
Zweiten Weltkrieg halfen die
Produkte des Gutshofes, besonders Milch und Kartoffeln,
bei der Grundversorgung der
Innsbrucker Bevölkerung.
Im Lauf der Zeit wurden
aber immer mehr Flächen abgezwackt, etwa 1936/37 für
die Eugenkaserne, später für
die Landesfeuerwehrschule und für Gewerbebetriebe.
1950 beschloss der Gemeinderat die Auflösung des Gutshofes, die Reichenau wurde
zum Wohngebiet. Der Hof
selbst wurde 1970 abgerissen.
Saße
Tokoton 050403 - 1543