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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_08_22_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
„Busfahren als Risiko für Ältere‘“, Seite 16
Busfahren als Risiko für Ältere
Eine 82-Jährige wurde beim Aussteigen zwischen schließenden Türen eingeklemmt
und stürzte auf die Straße. Die Lenker stehen unter Druck, ihre Fahrpläne einzuhalten.
Von Michaela S. Paulmicht
Innsbruck — Öffentliche Verkehrsmittel sind für Menschen im hohen Alter oft das
und Physiotherapie machl
sich auch eine 82-j
gehbehinderte Innsbruckerin samt Stock regelmäßig
mit dem Bus auf den Weg.
Das Ein- und
reitet ihr dabei große Mtlm -
auch weil es dabei oft schnell
gehen muss. Vor einigen Tagen gingen die Türen, als sie
ihren Bus gerade verlassen
wollte, plötzlich zu. „Ich wurde eingeklemmt. Die Türen
sind ja so schwer, das hat
sehr weh getan.” Die anderen
Fahrgäste hätten geschrien,
‚ Die Leute haben
mir geholfen, auf
die Beine zu kommen.
Der Busfahrer hat das
nicht mitbekommen.“
Fahrgast (£2)
(Imnsbruck)
als sie das sahen, und als der
Fahrer daraufhin die Türen
wieder öffnete, fiel die betagte Frau auch noch auf die
Straße. „Die Leute sind ausgestiegen und haben mir geholfen, wieder auf die Beine
zu kommen. Der Busfahrer
hat das gar nicht mitbekommen.” Jetzt hat sie durch die
Quetschung und den Sturz
nicht nur immer noch große
Schmerzen, sondern auch
Angst, dass das wieder
ren könnte. Beim Ombudsteam hat sie sich gemeldet,
um auf die Probleme Älterer
Fahrgäste aufmerksam zu
machen und um mehr Verständnis zu bitten. „Sie sollen
doch bitte mehr Rücksicht
auf uns alte Leut’ nehmen,
wir bezahlen ja für die Fahrt.“
Wir haben die Innsbrucker
Verkehrsbetriebe (IVB) und
den Verkehrsverbund Tirol
(VVT) um Stellungnahmen
gebeten, welche Pflichten
Bus- und Straßenbahnfahrer im Umgang mit älteren
und behinderten Menschen
haben und ob es Verbesseten gibt, hier
sind die Antwortern:
„Hinsichtlich einer Hilfestellung für Menschen mit
Behinderung sind unsere
r
Zu voll, zu schnmell: Ältere Menschen fühlen sich In öffentlichen Verkehrsmitteln oft unsicher. Vor allem das Eln-
und Ausstelgen bereitet vielen Probleme.
Fahrer dazu verpflichtet, bei
Bedarf die Klapprampe zu
betätigen, um zum Beispiel
Rollstuhlfahrern das Ausund Einsteigen in Bus und
Bahn zu ichen”, sagt
IVB-Betriebsleiter Harald
Unsere Fahrer sind
„ dazu verpflichtet,
Jösslin. Zusätzlich kann, wo
es hilfreich ist, der Bus auf
der rechten Seite abgesenkt
werden, um damit ein leichteres Aus- und Einsteigen zu
Menschen mit Sehbehinoder blinden Personen gibt der Fahrer über Linie
und Fahrtrichtung Auskunft,
müssten sich diese Fahrgäste erkenntlich machen. Sie sollten dazu vorne
einsteigen.
Jösslin: „Mit Verbänden für
Menschen mit Behi
aber auch mit Seniorenvertretungen kommunizieren
wir Verhaltensweisen, um
diesen Personengruppen die
Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel leichter zu er-
möglichen.” Die Unterstützung orientiert sich jedoch
hauptsächlich an Maßnahmen, die vom Fahrerplatz
aus möglich sind. Wie etwa
das Abwarten, bis der Fahrgast eine sichere Position
eingenommen hat, oder das
Offenhalten der Türen, um
ein gefahrloses Aussteigen zu
, so Jösslin. „Wir
machen bei Bedarf auch gerne darauf aufmerksam, wenn
die gewünschte Haltestelle
erreicht wird.“
Bus- oder Straßenbahnlenker sind aber nicht verpflichtet, aufzustehen und ihren
Fahrgästen zu helfen. Das
würden sich aber auch manche Fahrgäste mit Rollator
oder Einkaufstasche auf Rädern mitunter wünschen, wie
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eine weitere Leserin meint.
Der Fahrer muss seinen Platz
nur verlassen, um die Rampe
„Leider können wir aus
zeitlichen Gründen nicht je-
„ Menschen mit
Einschränkungen
haben die Möglichkeit,
ihre Fahrt vorher anzumelden.“
Fiora Odberhammer
(Sprecherin VVT)
dem hilfsbedürftigen Fahrgast direkte Hilfe zukommen
lassen“, räumt Jösslin ein,
„dafür bitten wir um Verständnis.“ Das Personal werde ig über
hauseigene Schulungseinrich im U mit
Menschen mit Beeinträchti-
ra Oberhammer. Wie bei den
IVB würden die Lenker aber
im Umgang mit Betroffenen
sensibilisiert. „Sie sind angehalten, ste — soweit
das betrieblich möglich ist —
zu unterstützen.“ Allerdings
müssten die Chauffeure auch
immer darauf achten, den
Fahrplan einzuhalten. Menschen mit Einschr:
hätten darüber hinaus jeihre
unternehmen anzumelden,
damit dieses sich entsprechend vorbereiten kann,
weist Oberhammer hin.
Bei dem Bus, in dem die
82-jährige Innsbruckerin beim Aussteigen eingeklemmt wurde, handelt es
‚ Fahrer können
nicht immer ihren
Platz verlassen und zu
Hilfe kommen. Das ist
leider so.“
Martin Hörmann (Betriebs-
sich um einen Wagen der
Ledermair Verkehrsbetriebe, der für die IVB untemep
War.
Hörmann bedauwuert den Varfall: „Wir würden die Dame
germe unterstützen, wenn sie
unsere Hilfe benötigt.” Für
Kosten durch Verletzungen
kommt die Versicherung des
Busunternehmens auf, die
schon verständigt wurde.
Fahrer könnten nicht immer ihren Platz verlassen
und zu Hilfe kommen. „Das
ist leider so. Sonst kommt es
schnell zu Verspätungen.“ Er
rät gebrechlichen Fahrgästen, die unsicher sind, vor
dem Aussteigen den Knopf
für Rollstuhlfahrer zu drücken: „Dann muss der Fahrer
die Rampe ausklappen und
kann auch gleich beim Aussteigen behilflich sein.“ Wer
Probleme hat, muss auf sich
aufmerksam machen, Fahrer
können das nicht von sich erkennen. In diesem Fall müssen Verspätungen aber in jedem Fall in Kauf genommen
werden.
Grundsätzlich gilt: Die in
den Vergaben geforderten
F müssen barrierefrei im Sinne des Bundes-
Behindertengleichstellungsgesetzes sein.