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Jahr: 2022
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- S.3
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Tiroler Tageszeitung
TirolerseTageszeitung
„Drogenlenker auf Überholspur“, Seite 5
17.8.2022
Drogenlenker auf Überholspur
Die Anzahl der ertappten Drogenlenker explodiert: In Innsbruck wird bereits jeder
dritte Führerschein wegen Beeinträchtigung durch Suchtmittel abgenommen.
Von Thomas Hörmann
Innsbruck - Noch vor wenigen Jahren hatten Drogenlenker kaum etwas zu befürchten. Nur selten gelang es
Polizeibeamten, den Konsum
der verbotenen Substanzen
nachzuweisen. In der Statistik blieb die Beeinträchtigung
durch Suchtmittel eine Fußnote, die Anzahl der Tiroler
Alkolenker ging jährlich in
die Tausende, jene der Drogenlenker blieb zweistellig.
Das hat sich mittlerweile
geändert. Allein in Innsbruck
„wurden heuer zwischen
1. Jänner und Mitte August
118 Autolenker angezeigt,
die durch Suchtmittel beeinträchtigt waren“, bestätigt Florian Greil, Leiter des
Strafamts der Landespolizeidirektion. Zum Vergleich:
Unter deutlichem Alkoholeinfluss (über 0,8 Promille)
standen im selben Zeitraum
196 Autofahrer, weitere 26
verweigerten den Test. Und
das bedeutet, dass in Innsbruck mittlerweile mehr als
jeder dritte Führerschein (35
Prozent) wegen Beeinträchtigung durch Suchtmittel entzogen wird.
Das war auch schon im Vorjahr so: Auf 612 alkoholisierte
Autofahrer kamen in der Landeshauptstadt laut Polizeistatistik 366 Drogenlenker.
2020 war das Verhältnis noch
drastischer. Das Innsbrucker
Strafamt zog 428 Führerscheine von betrunkenen Autofahrern und 276 von Suchtmittelkonsumenten ein, die
damit an der 40-Prozent-
Marke kratzten. Wohl auch
eine Folge der Lockdowns,
die zur monatelangen Schließung der Lokale führten. Getrunken wurde zu Hause, die
Immer öfter zeigt die Polizei Lenker an, die trotz 0,0 Promille beim Test nicht fahnmglidi sind.
verbotene Heimfahrt mit zu
viel Promille entfiel.
Aber schon vorher gerieten
Drogenlenker immer mehr
in den Fokus der Polizei. Seit
2019 stehen den Beamten
neue Vortest-Geräte zur Verfügung, mit denen Rückstände der gängigen Drogen im
Schweiß oder Speichel festgestellt werden können. Für die
Beurteilung der Fahrtauglichkeit ist ein positives Testergebnis nur ein Hinweis, aber
noch kein Beweis. Schließlich
ist es Aufgabe eines Arztes,
den Grad der Beeinträchtigung im Rahmen einer vorgegebenen klinischen Untersuchung festzustellen. Erhärtet
sich dabei der Verdacht auf
Drogenkonsum, wird eine
Blutuntersuchung angeordnet. Ein Geständnis kann das
Prozedere aber abkürzen.
Auch im Straßenverkehr
sind es meist Cannabis-Produkte, die die Fahrtauglichkeit der Lenker beeinträchtigen. Wie Ärztin Barbara
Schmid von der Landessanitätsdirektion bestätigt, lässt
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Foto: Bötum
sich der Cannabis-Wirkstoff
THC bei den Blutanalysen
je nach Dosierung zwischen
vier und acht Stunden nachweisen. „Das heißt, wer Haschisch oder Marihuana konsumiert, sollte sich am darauf
folgenden Tag nicht ans Steuer setzen“, empfiehlt Schmid.
Die Ärztin warnt aber auch,
dass im Gegensatz zum Alkohol keine Toleranz gewährt
wird. „Bei Cannabis gilt der
Grenzwert null.“ Anders ausgedrückt: Ein bisschen Alkohol (maximal 0,49 Promil-
le) ist für den Gesetzgeber
okay, ein bisschen Marihuana hingegen nicht. Aber kein
Nachteil ohne Vorteil: Im Gegensatz zum Alkohol ist die
konsumierte Drogen-Menge
bei der Strafbemessung unerheblich. Während bei betrunkenen Autofahrern der
Promillewert die Strafhöhe
beeinflusst, werden Drogen
unabhängig von der Substanz
automatisch wie 0,8 bis 1,2
Promille Alkohol eingestuft.
Die Mindeststrafe beträgt somit 800 Euro. Zum Vergleich:
Ein Autofahrer, der mit 1,6
und mehr Promille am Lenkrad dreht, zahlt mindestens
das Doppelte.
Kokain, auf der Beliebtheitsskala der heimischen
Konsumenten mittlerweile
die Nummer zwei hinter Cannabis, „wirkt weniger lang, ist
aber auch weniger lang nachweisbar“, erläutert Schmid.
Dennoch sei Vorsicht geboten, weil Kokain die Aggressivität steigern und somit zu
einem risikoreichen Fahrverhalten führen kann.
Für Günter Weber von der
Innsbrucker Verkehrspolizei
sind aber nicht nur die neuen Vortest-Geräte für den
enormen Anstieg bei den
Drogendelikten im Straßenverkehr verantwortlich: „Die
Beamten sind heutzutage viel
besser geschult. Sie können
oft schon am Aussehen der
Lenker bzw. an deren Augen
und Pupillenreaktionen erkennen, ob Drogen im Spiel
sind.“ Die Polizisten von früher seien hingegen kaum in
der Lage gewesen, derartige
Symptome zu erkennen. „Damals entschied der Arzt, ob
Drogen oder nicht. Da hieß
es oft im Zweifel für den Angeklagten.“