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Jahr: 2022

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- S.32

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Bezirksblätter Innsbruck

„Wenn Diktatoren weise werden“, Seite 38

FREI IM THEATER

Christine Frei
redaktion.innsbruck@ °‘ l dien.at
meinbezirk.at/innsbruck

Wenn Diktatoren
weise werden

Der äußere politische Ruhm erfüllt den römischen Diktator Silla nicht mehr. Die Liebe Ottavias
soll ihm den ersehnten inneren
Frieden bringen, doch diese liebt
den Sohn eines Patriziers, der
ebenso wie ihr eigener Vater

im Bürgerkrieg auf der falschen
Seite stand und daher von Sillas
Regime aus dem Weg geräumt
wurde. Was den Librettisten der
von Carl Heinrich Graun komponierten Oper an der historischen
Figur faszinierte - und das war
kein Geringerer als Preußenkönig Friedrich IIl.: Silla (alias Sulla)
ist als erster und nach wie vor
einziger Diktator der Geschichte
von sich aus zurückgetreten. Für
den aufgeklärten, kunstsinnigen
Herrscher ist die Opernfigur Silla
daher eine Projektionsfläche
seiner eigenen ethischen Überlegungen. Er konfrontiert ihn mit
Einflüsterern und Widerstand,
zeigt ihn als fühlenden, hin-

und hergerissenen Menschen.
Nicht auszumalen, wenn es
diese Selbstreflexion auch in der
gegenwärtigen Politik gäbe. Insofern ist den Festwochen der Alten Musik mit „Silla“ erneut ein
unglaublicher Coup gelungen.
Denn die Oper begeistert nicht
nur durch Stringenz und Klarheit, sondern auch durch ihre bestechend schöne Musik und ihre
schillernde, ungekünstelte Emotionalität. Alessandro De Marchi
führt das Festwochenorchester
und das herausragend besetzte
Spitzenensemble wie immer mit
lächelnder Leichtigkeit durch
das vierstündige Werk. Regisseur
Georg Quander fokussiert sich
ganz auf Botschaft und Stimme,
Ausstatterin Julia Dietrich setzt
auf minimale Requisiten und
nutzt zur Andeutung der jeweiligen Lokalität das alte Stilmittel
der Kulissenmalerei.

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