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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_06_11_Presse_OCR
- S.6
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Kronenzeitung
Kronen
Zeitung
„‚Werden im Stich gelassen‘“, Seite 24
11.6.2022
„Werden im Stich gelassen“
Eine Grabkerze löste in Innsbruck einen Wohnungsbrand aus und machte die Bewohner
obdachlos. Von Seiten der Stadt hätte sich die vierköpfige Familie mehr Hilfe erhofft.
ie Spielsachen der Kin-
der sind verbrannt —
Kleidung, Schuhe und
das restliche Inventar der Eltern teils komplett verkohlt.
Nicole S. und ihr Partner Ali
K. haben durch den verheerenden Brand am 15. Mai
nicht nur ihr ganzes Hab
und Gut verloren, sondern
wurden auch vorübergehend
obdachlos. „Wir waren an
diesem Nachmittag mit den
Kindern schwimmen. Unseren Hund und den einer Verwandten ließen wir zu Hause“, erinnert sich der 41-
Jährige. In der Wohnung in
der Innsbrucker Technikerstraße wurde eine Grabkerze
offenbar nicht richtig ausgeblasen. „Wir haben einen
kleinen Altar für meine fünf
Tage zuvor verstorbene
Mutter errichtet“, sagt Ni-
cole. Die Kerze dürfte umgefallen sein und den Brand
ausgelöst haben. Die Tiere
konnten gerettet werden.
Unterschlupf bei Nachbarn
und Freunden gefunden
„Wir wurden zweieinhalb
Wochen von Nachbarn aufgenommen. Unser achtjähriger Sohn und seine zwei
Jahre jüngere Schwester bei
einer Familie, ich und meine
Partnerin nebenan bei einer
anderen“, erzählt der Vater.
Danach kamen die vier in
einem Hotel unter. „Bis 19.
Juni, dann müssen wir raus.
Immerhin übernimmt die
Versicherung die Kosten.“
Von der Stadt fühlt sich
die Familie aber im Stich gelassen. „Uns wurde nur eine
Ersatzwohnung angeboten,
genau dort, wo ich aufge-
wachsen bin“, schildert die
42-Jährige: Nach dem Tod
der Mutter zu emotional für
sie. „Im Stadtmagistrat wurde mir sogar unterstellt, den
Brand als Vorwand herzunehmen, um eine größere
Wohnung zu bekommen.
Wir haben alles verloren und
dann wird einem noch etwas
unterstellt. Das ist Wahnsinn“, wettert ihr Freund.
„Für Tauschwohnung
fehlen bislang Unterlagen“
Im Rathaus kann man den
Unmut nicht ganz nachvollziehen. „Wir waren bemüht
und werden uns auch weiter
bemühen, um eine Lösung
für die Familie zu finden“,
meint Christian Zabernig
vom Wohnungsvergabeamt.
Man habe eine Stunde nach
dem Brand ein vorüberge-
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hendes Quartier angeboten,
das aus emotionalen Gründen abgelehnt wurde. „Und
eine Tauschwohnung ist auf
die Schnelle nicht möglich,
zumal auch noch kein Antrag mit Unterlagen, die wir
dafür benötigen, eingereicht
wurde“, erklärt Zabernig.
Und auch bei der Stadtbau
GmbH, einer Tochter der
Neuen Heimat, will man alles daran setzen, dass die Familie bald nicht mehr obdachlos ist. „Die Renovierung läuft auf Hochtouren“,
verspricht GF Markus Pollo. „Wir sind guter Dinge,
dass in drei Wochen alles abgeschlossen ist.“ Eine Mietreduktion, wie von der Familie angestrebt, sei aufgrund der Selbstverschuldung des Brandes allerdings
nicht möglich. Samuel Thurner