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Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_05_30_Presse_OCR
- S.4
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Tiroler Tageszeitung
„Freud, Leid und Hype rund um das Nachtleben“, Seite 19
Die Clubszene, wie hier auf einem Foto des Dachsbau in Innsbruck, nimmt langsam wieder Fahrt auf.
Foto: Dachsbau/Patrick Neef
Freud, Leid und Hype rund
um das Nachtleben
Die Partys sind zurück, die Gäste noch nicht alle. Trotzdem läuft das
Nachtleben in Innsbruck oft wieder so, wie man es von „früher“ kennt.
Von Johanna Muro
und Marco Witting
Innsbruck - Es ist ein wenig so
wie bei jeder normalen Party.
Es dauert, bis da Stimmung
aufkommt. Aber dann... geht’s
so richtig ab. Innsbrucks
Nachtleben nimmt nach zwei
Jahren Pandemie nun seit fast
drei Monaten wieder Fahrt
auf. Also — langsam.
Mittlerweile stehen sie wieder Schlange vor den Innsbrucker Clubs - zumindest an den
Wochenenden. Und das alte
„Feeling“ ist zurück. So ging
es auch Frederick Lordick,
Betreiber des Dachsbau und
Sprecher der Club Commission Innsbruck: Als er nach langer Pause das erste Mal wieder
im Club stand und die laute
Musik hörte, habe er „Gänsehaut gehabt“.
Während der Pandemie
hatte sich der Dachsbau wie
viele andere Nachtclubs umorientiert: Livestreams von
Musikauftritten, Late-Night-
Talk- und Kochshows wurden im „DachsbauTV“ auf
Youtube und Twitch ausgestrahlt — um weiterzumachen
und zu zeigen: Wir sind noch
da! Ähnliche Adaptierungen
hatte auch die pmk in den
Bögen vorgenommen: mit
Schaufensterkonzerten und
Rauminstallationen wie einer
Klanggalerie im Februar wurde weiterhin Programm geboten. „Das Bedürfnis der Menschen nach Kultur ist groß, das
spürt man“, so Chris Koubek
vom pmk. Er betont jedoch
den hohen Qualitätsverlust
beim Ersatzprogramm — vieles
ließe sich nicht besonders gut
virtuell gestalten.
Die Ersatzprogramme sind
gegangen. Die Erinnerungen
an die Pandemie geblieben.
Die große Herausforderung
seien laut Lordick die ständig
wechselnden Regelungen gewesen: Mit geringerer Auslastung habe sich eine Öffnung
für viele oft nicht gelohnt. Für
ihn sei am schlimmsten gewesen, dass oft die Clubs für
die steigenden Fallzahlen verantwortlich gemacht wurden
— obwohl sie genau wie Restaurants oder andere Einrichtungen zum Beispiel gerne die
2-G-Regel umgesetzt haben.
Auch die Sperrstunde sei nicht
nachzuvollziehen gewesen:
Alle Gäste hätten um 2 Uhr
nachts gehen müssen und seien dann oft noch gemeinsam
auf der Straße gestanden, um
weiterzufeiern. Die Auswirkungen seien auch jetzt noch
zu beobachten: „Das Feiern
hat sich nach vorne verlegt
— die Leute kommen früher
in den Club und gehen auch
wieder früher nach Hause.“
Das bestätigen auch Christin
Völkle und Raphael Türkis,
Studenten aus Innsbruck: Sie
waren im Winter hauptsächlich auf privaten Treffen und
Hauspartys, sind nun aber
froh um die Öffnung: „Das
ÖH-Semester-Opening im
letzten Jahr war die erste richtige Party für uns in Innsbruck
und bis heute einer der besten
Abende.“ Alternativ seien sie
oft in Bars gegangen, hätten
aber auch häufig keinen Platz
mehr gefunden, weil durch die
begrenzten Möglichkeiten bereits alles voll war.
Viele Nachtgastronomen
in Innsbruck müssen nun
mit hohen Schulden das Geschäft wieder aufnehmen.
„Einige Pfeiler der Nachtkultur in Innsbruck und im Umland mussten schließen. Die
Hilfen vom Staat haben oft
leider nicht alles abgedeckt“,
sagt Lordick. Zwei Clubs in
Innsbruck ist die Miete erlassen worden, auch die Stadt
Innsbruck hat Hilfen zur Förderung der Wiedereröffnung
ausgeschüttet — und trotzdem
ist der Neustart nicht leicht.
Die Situation ist bei der
Wirtschaftskammer bekannt.
Nach schwierigen Monaten
habe sich mittlerweile vieles
gebessert. Auch jetzt will man
hier noch nicht von „Normalbetrieb“ reden. Zwischenzeit-
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lich sei mehr los, „aber diese
Verluste wird keiner wettmachen können“, heißt es etwa
von Klaus Plank, der im WK-
Bezirksausschuss sitzt.
Insgesamt wird sich wohl
erst in den kommenden Monaten zeigen, ob alle Betriebe
die Pandemie wirtschaftlich
überleben werden.
Für das pmk als Kulturverein waren die finanziellen Verluste laut Koubek gering, da
die Förderung durch Kulturtöpfe weiterbestand — der ideelle Verlust jedoch sei immens.
Das Programm für den Sommer ist nun sehr dicht, viele
der während der Pandemie
abgesagten Veranstaltungen
werden zusätzlich zum regulären Programm nachgeholt.
Koubek bekräftigt die Wichtigkeit der Kultur und hofft auf
zukünftige angemessene Anerkennung und weitere Förderung.
Auch im Dachsbau ist volles
Programm - Betreiber Lordick
gibt aber zu bedenken: „Keiner
weiß, wie lange dieser anfängliche Hype um das Nachtleben jetzt anhält.“ Er gehe davon aus, dass sich die Situation
im Laufe des Sommers wieder
normalisiert, und hofft trotzdem, auch im Herbst weiterhin normal arbeiten und wie
bisher viele Gäste begrüßen zu
können.