Pressespiegel seit 2021
Jahr: 2022
/ Ausgabe: 2022_01_15_Presse_OCR
- S.5
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Tiroler Tageszeitung
Hoffen auf das Frühjahr: Norbert Pleifer hat dem Innsbrucker Treibhaus
angesichts der Omikron-Prognosen einen Lockdown verordnet. — Foto: Rachlt
„Nicht mit dem
Kopf durch
diese Wand“
Norbert Pleifer sperrt das
Treibhaus vorerst zu. Alle
angekündigten Veranstaltungen
sollen nachgeholt werden.
„‚Nicht mit dem Kopf durch diese Wand‘“, Seite 16
Innsbruck — Norbert Pleifer
holt sein Handy heraus. Er hat
in den vergangenen Tagen bereits engagierte Künstlerinnen
und Künstler darüber informiert, dass er das Treibhaus
vorerst zusperrt. Alle Veranstaltungen bis 21. März hat
Pleifer abgesagt. Inzwischen
trudeln die ersten Reaktionen
ein. „Recht hast du“, liest Pleifer vor, „lieber der Welle zuschauen, als darin ertrinken.“
Ersatztermine sind in Planung.
Auch die Treibhaus-Gastro
bleibt ab Sonntag zu.
Er habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht,
sagt Pleifer. Schon im Frühjahr 2020 hat er das Treibhaus noch vor dem verordneten Seuchenschutz-Stillstand
dicht gemacht. Jetzt sind es die
Omikron-Prognosen, die ihn
„aus freien Stücken und bar jeden wirtschaftlichen Kalküls“
dazu zwingen. „Niemand sagt
gern Veranstaltungen ab, die
bereits ausverkauft sind. Aber
wenn man die Prognosen ernst
nimmt, kann man nicht länger
warten.“ „Wir wollen mit Musik und Lachen anstecken“,
sagt Pleifer, „aber keinen Anteil haben an einer Durchseuchung, weder mit Viren noch
mit Hirnpest.“ Deshalb gehe
das Treibhaus nun „in Deckung“: „Wir nehmen uns aus
der Welle, wir wollen nicht mit
dem Kopf durch diese Wand.“
Seit Pandemiebeginn haben
Pleifer und sein Team vorgemacht, wie man lustvoll und
durchaus lustig mit behördlichen Vorgaben umgehen kann:
Kellnerinnen trugen Reifrock,
Pleifer schwang das Rauchfass.
„Wir diskutieren die Vorgaben
nicht, sondern spielen damit“,
sagt Pleifer. Aber das ist zuletzt
immer schwieriger geworden.
Der verordnete „Lockdown
für Ungeimpfte“ etwa bereitet
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Pleifer Kopfzerbrechen. „Ein
Lockdown ist eine Notbremse,
kein Erziehungsprogramm“,
sagt er. Einzelne Mitarbeiter
im Treibhaus sind nicht geimpft. Sie lassen sich, wie die
gesamte Belegschaft, täglich
testen. „Das heißt, dass sie arbeiten dürfen. Nach getaner
Arbeit ins Wirtshaus dürfen
sie nicht. Das ist absurd“, so
der Treibhaus-Chef. Obwohl
die Impfpflicht erst im Februar in Kraft treten soll, gelte sie
in Kulturbetrieben schon seit
November. „Ungeimpfte haben Hausverbot - ohne Chance, sich freizutesten“, sagt Pleifer und stellt klar: „Es kann
nicht unsere Aufgabe sein, für
die verunglückte Impfkampagne der Regierung allabendlich den Kopf hinzuhalten.“
Zuletzt hat jemand „Impfmörder“ an die Treibhaus-Fassade
gesprüht. „Die Stimmung ist
angespannter geworden“, sagt
Norbert Pleifer.
Das vorbildliche Hygienekonzept des Treibhauses
schaffte es in den vergangenen Monaten immer wieder
österreichweit in die Medien.
Dessen zentraler Punkt war,
dass die Veranstaltungen im
Garten stattfinden. Das hat das
Innsbrucker Veranstaltungsamt im Herbst untersagt — wegen „unzumutbarem Lärm“.
Als draußen nichts mehr ging,
hat Pleifer den Turm wieder
aufgemacht —- unter strengen
Vorkehrungen. Pleifer: „Masken- und Sitzplatzpflicht, keine Konsumation, keine Kommunikation und danach so
schnell wie möglich raus. Und
draußen nicht zusammenstehen. Das macht wenig Sinn
und irgendwann auch keinen
Spaß mehr“, sagt er - und hofft
beim Publikum auf Nachsicht,
dass selbst ihm „irgendwann
der Schmäh ausgeht“. (jole)